10.
November
Um Klarheit darüber zu erlangen, wohin dieses Land unter Rot-Grün
treibt, genügt ein Rückblick auf den letzten Monat.
Nach jahrelanger Kriminalisierung von Antifaschisten, der Bereinigung
von Verbrechensstatistiken um rassistische und antisemitische Tatmotive ist
Antifaschismus plötzlich Standortfrage. Der Staatsantifa gehören
an: Die CSU als fleißiger Lobbyist der faschistoiden FPÖ; die FDP,
die bei Abschaffung des Asylrechts an der Macht war; die CDU, deren Spitze
mit Kindern statt Indern und deutscher Leitkultur
um sich schlägt; die Koalitionsparteien, die das Staatsangehörigkeitsrecht
ein bißchen von Blut nach Boden reformierten, ansonsten Ausländer
gnadenlos abschieben und die Nachkriegszeit mit Bomben auf jugoslawische
Städte beendeten.
Sie alle wollen die NPD verbieten, deren Mordbrennerei nur terminatorische
Abart eines Konzepts ist, dessen humanitäre Variante sie
selbst täglich vollstrecken: den Rassismus der Neuen Mitte, einen Rassismus
der Produktiven. Um Zeichen zu setzen, geht die Regierung am 9.
November auf die Straße und stellt einen Verbotsantrag beim
Verfassungsgericht. Dasselbe beschließt am ebenso symbolträchtigen
10. November 1938 gingen die Pogrome nach Mitternacht erst richtig
los der Bundesrat. Am selben Tag wird bekannt, daß Bundespräsident
Johannes Rau (SPD) im August einem Ex-Mitglied der Waffen-SS namens Eckhoff
das Bundesverdienstkreuz verliehen hat. Dieser kam 1968 für die NPD in
den Stader Kreistag und ging 1970, wie viele vor und nach ihm, zur CDU. Das
Bundespräsidialamt bedauert: es gebe keine Handhabe, die für den
13. November geplante Überreichung des Blechdings abzusagen.
Einen Monat davor präsentierte das Kabinett einen Entwurf zur
Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze, das
55 Jahre nach Auschwitz vom personenbezogenen Merkmal der rassischen
Herkunft spricht, welches Behörden erfassen und weiterleiten dürfen
sollen, ebenso wie politische und weltanschauliche Überzeugungen und
Angaben zum Sexualleben. Das Sexualleben von Lesben und Schwulen erfaßbar
macht auch das von Rot-Grün in zwei Teilen durch den Bundestag gepeitschte
Lebenspartnerschaftsgesetz. Damit gibt es sechs Jahre nach Streichung
des §175 wieder ein diskriminierendes Homosexuellengesetz (minderes Recht
signalisiert vor allem Minderwertigkeit), dessen rot-grüne Begründungen
es war halt der 10. November und man tagte im Reichstag vom
Geist der Volksgemeinschaft beseelt scheinen: Margot von Renesse (SPD) beschwört
den höchsten Wert, den wir noch haben, die Verantwortung zwischen
zwei Menschen. Die bündnisgrüne Fraktionschefin Kerstin Müller
sekundiert: Wir stärken den Familiengedanken!, während
sich die dümmliche Rede ihres homophilen Kollegen Volker (Armani) Beck
Rot-Grün sorgt dafür, daß es künftig noch
mehr freudige Ereignisse gibt jedes Kommentars entzieht; er meint
Polterabende und Brautenführungen. Derweil FDP-Chef Wolfgang
Gerhardt links an Rot-Grün vorbeizieht homosexuelle Beziehungen
hätten ihre eigene Würde und müssen sich nicht an der
Ehe messen lassen , ist Beck so dreist, auf kommende Angehörigenrechte
für pflegende Partner AIDS-Kranker zu verweisen. Danach, wovon Positive
und Kranke vorm Tode leben sollen, hat er in der Rentendebatte nicht gefragt.
Statt dessen hat er dafür gesorgt, daß der Staat ihre eingetragenen
Lebenspartner ab Juni 2001 zum Unterhalt heranzieht. Ein (sozialverträglich
kurzes) Leben lang.
Es ist immer noch der 10. November. Der Bundestag ändert gegen die
Stimmen von CDU/CSU und PDS das Soldatengesetz für etwas, wofür
er am 27. Oktober Grundgesetzartikel 12A umformuliert hat: den gleichberechtigten
(!) Einsatz von Frauen an allen Waffengattungen. Schon am 24. Oktober waren
Pläne des Kriegsministeriums durchgedrungen, verheiratete Männer
und solche in registrierter Partnerschaft nicht mehr zum Wehr- und somit auch
Zivildienst heranzuziehen. So schließt sich der Kreis: Die niederen
Dienste am gesunden Volkskörper haben zur Strafe jene zu
leisten, die sich ihrer natürlichen Bestimmung respektive
staatlichen Erfassung verweigern.
Diese Ausgabe greift all diese Ereignisse auf. Sollte Ihnen bei der Lektüre
gelegentlich übel werden, dann sehen Sie doch einfach mal nach, ob Ihr
Reisepaß noch gültig ist.
Eike Stedefeldt