So absurd das Thema ist: Das "Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft"
durchzieht unser Heft. Bei Erscheinen werden im Bundestag voraussichtlich
eine öffentliche Anhörung im Rechtsausschuß sowie die zweite
Lesung stattgefunden haben.
Die Reden
von Abgeordneten der Regierungsfraktionen zur ersten Lesung am 7. Juli
2000 legen erschreckend klar, wie wenig "Antidiskriminierung" oder
"gleich viel Recht für gleich viel Liebe" Ziel dieses Vorhabens
sind. Gleichschaltung, nicht Gleichstellung ist angesagt, eine neue Hierarchisierung
der Lebensweisen unter Beibehaltung der repressiven Grundstruktur. Und zwar
jenseits der Sexualitäten, auch wenn der Gesetzgeber unmittelbar erst
einmal die Homosexuellen in den Griff zu bekommen versucht.
Dies zu
verschleiern, wird gelogen und geheuchelt, was das Zeug hält. Das bündnisgrüne
MdB mit dem Homo-Ticket: "Heute, wo der Verfolgungsdruck weg ist, lebt
die Mehrheit der Lesben und Schwulen in festen Beziehungen." Eines Beweises
bedarf es nicht, einem Volker Beck genügt der fromme Wunsch. Oder: "Die
Lebenspartnerschaft nimmt niemandem etwas weg; sie schafft Rechtssicherheit."
Ein Satz, zwei Lügen: Rechtssicherheit gibt's nur für jene, die
sich der Zwangsbeglückung unterwerfen können, müssen oder wollen,
weggenommen werden ihnen dafür ein Stück persönliche Freiheit
und ggf. staatliche Sozialleistungen; den Unverheirateten hingegen zieht der
Fiskus die Steuergeschenke für die Verheirateten ab. Das kümmert
aber keinen, der sich für sowas wie den Bundesminister des Rückwärtigen
hält und als solcher erlaubt, alle anderen Perversen zu naiven Trotteln
zu stempeln: "Die Schwulen und Lesben in diesem Lande erwarten auch von
der Volkspartei CDU/CSU nicht warme Worte und Sonntagsreden auf Parteitagen,
sondern konkrete Taten und Respekt durch das Gesetz."
Die grüne
Dummdreistigkeit paart sich mit roter Heuchelei. "Auf die unselige Kultur-
und Rechtstradition gerade im Umgang mit Schwulen und Lesben ist schon hingewiesen
worden" sagt Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin, die, derselben
Tradition folgend, kritische Lesben und Schwule von ihren Vorverhandlungen
ausschloß. "Warum sind wir denn der Auffassung, man sollte dieses
familienrechtliche Institut schaffen?" fragt sie und antwortet, es gehe
"um Bindungen und Partnerschaften in einem spezifischen Sinn, die sich
von denen von Mönchen, Witwen oder Menschen, die andere pflegen
diese haben alle unsere Hochachtung , unterscheiden, weil hier die besondere
sexuelle Identität einbezogen wird".
Das Wort
besondere zeigt, daß es etwas "nicht normales" per
Sondergesetz zu ordnen gilt, während der Verweis auf eine ominöse
"sexuelle Identität" die Ideologie dahinter entlarvt: Sexualität
ist der übergeordnete Gegenstand, in diesem Falle die unerwünschte.
Es geht nicht um Leute in Beziehungen ohne Sex wie (nun ja ...) Mönche
oder zusammenlebende Witwen. "Das ist der Grund dafür, warum wir
sagen: die ja und andere nicht." Und wer darf Vorbild für "die"
sein? Richtig: "Patrick Lindner in Bayern", ein netter, sauberer
Mensch, der nicht wild in der Gegend rumfickt: "Wir alle wollen, daß
es Partnerschaften und Ehen nicht gleichzeitig geben kann. Das schließt
sich vom Wesen her aus." Warum eigentlich? Entweder oben oder unten meint
auch Alfred Hartenbach, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion: "Ich
gestehe, daß mir die Ehe natürlich näher liegt als die Partnerschaft
... Entscheidend ist dabei der Inhalt, der in dieser Ehe gelebt wird. Das
sind zum Beispiel Verläßlichkeit, Verantwortung, Treue."
Ihr gesundes
Volksempfinden zu verbergen mißlingt am besten Margot von Renesse (SPD).
Etwa wenn sie poltert, "daß es keineswegs Pflicht ist, nunmehr
eine Lebenspartnerschaft einzugehen und homosexuell zu werden". Damit
"Bettgeschichten kein Thema mehr sind" will die Familienrichterin
eine "Gleichstellung", die keine sein darf, "denn Ehe und Familie
sind eine lebensdienliche Sache und der Grundgesetzgeber hat gut daran getan,
das im Grundgesetz zu regeln und damit für jedermann zur Vorschrift zu
machen".
Ehe, Familie,
Pflicht, Treue, Vorschrift, lebensdienlich das also ist das Vokabular
einer laut Volker Beck "modernen und offenen Gesellschaftspolitik".
Deren propagiertes "Leitbild" ist à la Renesse das "eines
verantwortlichen Umgangs mit einem Partner, für den man lebenslang Verantwortung
übernimmt, selbst dann, wenn man ihn nicht mehr liebt; was ganz entscheidend
ist. Dies ist unheimlich wichtig in einer Zeit, in der der Individualismus
zunimmt". Weg mit dem Individualismus! Kampf der freien Persönlichkeitsentfaltung!
Her mit der "lebenslangen Verantwortung" sie ist in der Volksgemeinschaft
das Synonym für Subsidiarität, Pflichterfüllung, unentgeltlichen
Frondienst und Zwangsbindung sogar über die Beziehung hinaus. "Der
Entwurf wählt den Weg eines eigenen Rechtsinstituts und schafft vor allem
(sic!) gegenseitige Unterhaltspflichten auch nach Aufhebung der Lebenspartnerschaft"
steht bereits auf dessen Deckblatt.
Nur: Hände
weg von der Hierarchie! Was pervers ist, muß pervers, was unmoralisch
ist, unmoralisch bleiben: "Das Leitbild als Respekt der Unverheirateten
vor Ehe und Familie wird durch das, was wir vorhaben, nicht beschädigt.
Im Gegenteil ... steigern wir die Bedeutung des von der Ehe und Familie ausgehenden
Magnetismus, der Aura der Begeisterung für wechselseitige Verantwortung."
Ein letzter
Schuß der Margot von Renesse gegen die Freiheit: "Ich wiederhole,
was ich oft gesagt habe: So nahe sind sie [die Homosexuellen] meinem Herzen
nicht, daß ich irgendeinen Grund dafür sehe, sie besser als Heterosexuelle
zu behandeln. Eine Gleichbehandlung bzw. Normalisierung ist angesagt. Ich
danke Ihnen für die Aufmerksamkeit."
Jeder aufmerksame homosexuelle Mensch mit einem Mindestmaß an Selbstachtung hätte solche Reden als Affront empfunden, als Zumutung, als Angriff auf seine Würde, und mindestens den Saal verlassen. Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Bundessprecher des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD) hob die Hände über den Kopf und applaudierte euphorisch.
Eike Stedefeldt