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Urlaubsland Nr. 1



Es ist schon erstaunlich, wie nachdrücklich die rot-grüne Koalition ihren Unmut über die neuen Herrscher des Nachbarreiches zur Kenntnis gibt. Besorgniserregtheit allerorten über die an die Macht gehievte offene Fremdenfeindlichkeit im Urlaubsland Nr. 1. Aber war es nicht Schröder selbst, der mit dem Slogan "Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: raus und zwar schnell!" seinen triumphalen Wahlsieg in Niedersachsen errang und sich damit zum Kanzlerkandidaten der SPD qualifizierte?

Gerade das Wissen um die effiziente Mobilisierbarkeit rassistischer Ressentiments in der deutschen Gesellschaft ist es, das die Besorgnis der deutschen Sozialdemokraten erregt. Schließlich wollen sie allein es sein, die diesen Trumpf zur Not zücken, sollte der Wahlsieg mal wieder im Ungewissen liegen. Dass es danach nicht bei Parolen bleibt, haben Schily und seine fleißigen Helfer in Amtsstuben, bei Asylkommissionen oder beim
Bundesgrenzschutz mittlerweile unter Beweis gestellt. Man geht ganz demokratisch über Leichen. Hat jemand die Zahlen der in der Oder ertrunkenen Flüchtlinge parat? Wer kennt die Namen der bei der Abschiebung durch BGS-Beamte gewaltsam zu Tode Gekommenen? Wieviele "Schieblinge" begingen in Panik Selbstmord? Wieviele wurden nach Ankunft in ihrem sicheren Heimatland gefoltert oder umgebracht?

Im reinen mit dem eigenen Rassismus und Nationalismus und solidarisch mit der ÖVP – schließlich sitzt man in Strasbourg in derselben Fraktion –, agieren die Konservativen hier schon ehrlicher. Sie verweisen auf eine funktionierende Demokratie, geben ein rechtmäßig zustande gekommenes Wahlergebnis zu bedenken, streichen die staatliche Souveränität der Alpenrepublik heraus. Das Volk hat gesprochen, das Ergebnis ist somit zu akzeptieren, wie bedauerlich auch immer man das finden mag. Als habe man aus dem kometenhaften Aufstieg des Nationalsozialismus nichts gelernt, werden die Argumente von damals neu aufgewärmt: "Lasst ihn nur mal ran, damit er sich an der Tagespolitik die Hörner abstößt!" "In freien Wahlen hat Haider nie die Mehrheit errungen!" "Hätte Klestil ÖVP und FPÖ nicht mit der Regierungsbildung beauftragt, wäre ihm nichts anderes übriggeblieben, als Neuwahlen auszuschreiben, die Haider nur noch gestärkt hätten!" Um sich erst gar nicht in diesen Widerspruch zu begeben, spielt man die Rolle Haiders herunter. Statt ein Neo-Nazi ist er dann der smarte Rechtspopulist, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Filz im Staatsapparat aufzulösen. Ein Aufräumer und Ausmister also. Auch Hitler hat schließlich nicht nur Schlechtes gemacht ...

Nur dank solcher Verschleierungstaktiken kann eine Sabine Christiansen auf die dumme Idee kommen, Haider in ihre Sendung zu holen und dabei auch noch glauben, die geladenen Vertreter jüdischer Organisationen könnten mit dem KZ-Verniedlicher in eine gleichberechtigte Diskussion treten. Schon vordem waren Versuche, Haider in den Medien bloßzustellen, kläglich gescheitert. Am aufgefahrenen intellektuellen Potential hat es angeblich nicht gelegen. Aber wer, der auch nur einen Funken Verstand besitzt, hätte sich mit einem Nazi an einen Tisch gesetzt?

Noch will kaum jemand wahrhaben, dass nach der wiedererrungenen vollen Souveränität der Nachfolgestaaten des "Dritten Reichs" sich Demokratie offenbar als Freibrief zu Mordpropaganda und letztlich zum Mord erwiesen hat. Die Beteiligung von Neofaschisten an der österreichischen Regierung ist der aktuelle Ausdruck dessen. Für eine internationale Kuratel seitens der Alliierten ist es leider zu spät.

Georg Klauda