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Melde gehorsamst: Zukunftsmusik!


Bestimmte Berufe, wenn es sie nicht schon gäbe, müßten glattweg erfunden werden. So klingt beispielsweise der Job einer Fledermausbeauftragten ziemlich abenteuerlich und verspricht viele spannende Stunden auf zugigen Dachböden oder in feuchten Kellergewölben. Also genau das, was sich eine junge dynamische Lesbe so als Broterwerb vorstellt. Leider habe ich selbst noch kein Angebot in diese Richtung bekommen, obwohl ich ohne Zögern sofort auf einen Lehrgang in die Karpaten fahren würde.

Scherz beiseite: Es gibt offenbar, vor allem für brotlose Künstlerinnen wie mich, noch völlig ungeahnte und selbst von der lesbischen Community bisher unentdeckte Betätigungsfelder. Da wäre etwa die "Militärmusikerin in Führungsposition". War mir doch bislang glatt verborgen geblieben, daß in diesem, unserem Lande Frauen (von Angela Merkel mal abgesehen) Befehlsgewalt ausüben dürfen! – Bis ich es in der Queer, Ausgabe Juli 1999, mit eigenen Augen nachlesen konnte.

Warum bloß hat mir diesen Beruf mit Zukunft meine Vermittlerin beim Arbeitsamt nie gesteckt? Jetzt sehe ich mich im Traum schon die Truppe anführen, mit dem Dirigierstab in der Hand. Ich werde in einer schicken Uniform, die vielleicht sogar irgendwann nach ein paar Auslandstourneen mit funkelnden Orden behangen ist, durchs Brandenburger Tor marschieren. Jawoll! Und hinter mir die schmucken Jungs: zuerst die Flöten, tadelitadelü, dann die Bläser, täteräterä, dahinter die Rasseln, taramtatetamtaram-tateram. Und am Ende die Posaunen, päpäh päpäh. Nicht zu vergessen die dicke Trommel, bumbumbum. Da sind bestimmt ein paar Schwestern dabei. Das Tamtam ließe sich sogar für einen der nächsten CSD-Umzüge mobilisieren: Ich vorneweg und hinter mir die Soldaten des schwulen Bürgerrechts.

Nein, frau sollte nicht undankbar sein: Dank Queer und den Diskussionen um die Homos in der Friedenswehr tun sich einem wirklich ganz neue Welten auf. Und, mein Scharping, ich bin nicht nur hoch motiviert, auch als Lesbe mein Schärflein zur Imagepflege am Vaterland beizusteuern, sondern zudem noch ziemlich hoch qualifiziert. Habe schließlich schon mit Fuffzehn Joan Baez nachgesungen, We shall overcome und so. Ein paar von den Liedern ließen sich bestimmt in gleichschritttauglichen Rhythmus bringen. Und dann könnten wir alle zusammen zum Beispiel mit We shall live in Peace, taramtamtam-bumbum, ins Kosovo oder irgend ein anderes kulturelles, ersatzweise lesben- und schwulenpolitisches Entwicklungsland einmarschieren.
Also, ich weiß genau, welchen Umschulungsvorschlag ich meiner Arbeitsberaterin beim nächsten Termin unterbreite.

Lizzie Pricken