Vor
fast zwei Jahren (Gigi Nr. 9) widmete der damalige Gigi-Redakteur Georg Klauda
einen langen Text zum Heftschwerpunkt Geschlecht und Gewalt dem
teils gewalttätig ausgetragenen Vergewaltigungsdiskurs der autonomen
Linken. Von vielen wurde dieser Beitrag als überaus einseitig empfunden.
Nun greifen wir dieses Thema wieder auf mit einer Gegenposition von Les Madeleines
Mit
der Einführung des Definitionsrechts reagierte die Linke auf sexistische
Strukturen im Alltag und Gerichtssaal. Zum einen war festzustellen, daß
sich Gewalt, eben auch in sexueller Form, mehrheitlich von Männern gegen
Frauen richtete. Im Falle der Öffentlichmachung jedoch, gerade in Form
einer Anzeige, blieb die erhoffte Reaktion, die moralische und juristische
Verurteilung des Täters, meist aus oder wurde auf ein Minimum reduziert.
Letztendlich hatte die Frau (ZeugInnen, d.h. Dritte, gibt es eh nur in Ausnahmefällen)
nicht nur zu beweisen, daß der Täter schuldig war, sondern ebenso
ihre eigene Unschuld. Das Opfer wurde so zum Täter, und auch wenn das
Verfahren mit einer Verurteilung des Angeklagten endete, blieb der Zweifel
einer Mitschuld im Raum. Vor allem war die Frau nach einem solchen Verfahrensablauf
psychisch erst recht am Ende: Ob zu kurze Röcke, Umgang mit dem Täter
vor der Tat oder masochistische Ambitionen, nichts war dem Gericht oder der
Presse fern gegen sie aufzuwarten. Kontakt zum und Umgang mit dem Täter
in den Fällen, wo er ein Bekannter war, wurde nicht wie sonst üblich
als Vertrauensbruch taterschwerend für den Täter gewertet, sondern
als Mitschuld der Frau.
Trotz
zunehmender Sensibilisierung der Linken vollzogen sich hier jedoch ähnliche
Strukturen: Zwar setzte sich immer mehr durch, welche Dinge als sexistisch
zu bezeichnen und damit verpönt waren, so daß Sexismen und frauenfeindliche
Bilder weniger offen geäußert oder tat-sächlich reduziert
wurden, dennoch war Sexismus auch in der Linken noch nicht verschwunden. Oft
schien in den Debatten durch, daß die Frau sexuell zu aktiv oder aber
zu prüde sei, vor allem aber blieb die Situation durch starkes Desinteresse
geprägt. So setzte sich denn in der Frauenbewegung die Idee des Definitionsrechts
durch: Nicht ein Gericht oder eine politische Gruppe hätten zu bestimmen,
was vorgefallen sei, denn nur die Frau könne beurteilen, ob sie vergewaltigt
worden sei oder nicht. Um ihr die erneuten psychischen Qualen bei Veröffentlichung
zu ersparen, bräuchte sie auch weiterhin gar nicht den Vorfall detaillierter
zu schildern, sondern nur das Endergebnis Vergewaltigung, Übergriff,
Grabschen ... bekannt geben, und natürlich den Namen. Auch auf
die Aussage des Mannes könne verzichtet werden, ihm sei nicht zu trauen,
er würde selbstverständlich alles abstreiten. Und um das Opfer vor
seiner Anwesenheit zu schützen, sollte eben nicht die Frau sich aus Orten
zurückziehen, in denen er sich aufhalte, sondern der Typ prinzipiell
davon ausgeschlossen werden, damit die Frau sich entgegen der bisherigen Praxis
endlich wieder frei bewegen könne.(1) Schließlich und endlich wurde
der Frau explizit oder implizit auch noch ein Sanktionsrecht
zugesprochen: Sie entscheide über die weitere Behandlung des Täters.(2)
So
weit wir auch mit der Problemschilderung noch übereinstimmen, so sehr
halten wir die Konsequenz für fatal. Nicht nur, daß das Definitionsrecht
insbesondere in Kombination mit dem Sanktionsrecht geradezu zum Mißbrauch
einlädt, wobei selbst VerteidigerInnen des Definitionsrechts nicht leugnen,
daß es das auch schon gegeben hat, (3) sondern auch, weil diese
gesamte Debatte um seinen Kern herum ein sexistisches Bild und eine Repression
hervorbringt, die alles andere als dem Ziel gerecht wird, daß Frauen
und Männer irgendwann einmal menschlich miteinander umgehen können,
der Begriff Sexismus irgendwann mal auf dem Müllhaufen der Geschichte
landen kann.
Die
einzelnen empirischen Probleme werden in der Linken als Folge des Patriarchats
ausgemacht, in der Unterdrückung der Frauen durch die Männer als
durchgesetzte gesellschaftliche Struktur, aus der sich auch das Definitionsrecht
ableitet und legitimiert. (5) Die Äußerung der Schlagt-die-Sexisten-wo-ihr-sie-trefft-GmbH,
nämlich im Kampf gegen das Patriarchat stehen Männer auf der
Seite der HERR-schenden, und es wäre naiv, auf sie bauen zu wollen (6)
stieß zwar auch auf Kritik, daß sie aber nur deutlicher auf den
Punkt bringt, was unter Patriarchat meist noch implizit verstanden wird und
sich auch am Definitionsrecht deutlich macht, war nicht Gegenstand der Kritik. (7)
Oft wird sogar noch der Wille der Männer zu unterwerfen vorausgesetzt.
Dieser
personalisierte Patriarchatsbegriff ermöglichte auch, daß das Definitionsrecht
zum Teil noch ausgeweitet wurde, was sich tendenziell im Begriff Definitionsmacht
(8) niederschlägt. Wir wissen, daß in dieser patriarchalen
Szene Frauen die Unterdrückten sind und wir somit die Definitionsmacht
haben erklären die Feministischen Frauen, die Definitionsmacht
liegt bei den Unterdrückten! die FrauenLesben im Infoladen. Was
das heißt, hat niemand so deutlich gemacht, wie die genannte GmbH mit
ihrer Aktion gegen die Berliner Kneipe Schnarup-Thumby im Szene-Viertel Friedrichshain.
Nachdem ein Mann aus der Antifaschistischen Aktion Berlin (AAB), der vorab
als Vergewaltiger benannt wurde, in dieser Vergewaltiger- und Täterschützer-Kneipe
(9) gesehen wurde, wie er in behauptet gemütlicher Runde
(10) sein Bier trank, ver-suchte die GmbH zuerst, Recht zu setzen, indem sie
in Flugblättern erklärte: Unter Eurer Kundschaft befindet
sich mindestens ein Vergewaltiger. XY [im Original mit vollem Namen genannt]
ist nicht nur wieder in Berlin, sondern auch in Eurer Kneipe gewesen. Dass
er nicht rausfliegt, sondern sich in Eurer Mitte plaziert, zeigt, dass Ihr
TäterschützerInnen seid. Wenn Ihr das nicht ändert, kommen
wir öfter vorbei. Täterschützer und Vergewaltiger wir kriegen
Euch! Wir kastrieren auch ohne Chipkarte! (11) Da Recht nur dann einen
Sinn hat, wenn es auch durchgesetzt wird, spielte die GmbH auch noch gleich
die Exekutive, stürmte die Kneipe und sprühte mit CS- und Pfeffergas.
Und da sie ja der Überzeugung ist, Männer stünden im Patriarchat
auf der Seite der HERRschenden, lehnte sie auch jegliche Diskussion mit gemischten
Zusammenhängen als unnötige Rechtfertigung ab.(12) Zwar haben erfreulicherweise
auch einige linke Gruppen und Personen vehement gegen diese Aktion gesprochen
erschreckend viele haben sie aber auch begrüßt dennoch
ist dies nur eine konsequente Fortführung aus dem Definitionsrecht und
dem Patriarchatsbegriff. Nur etwas gewalttätiger vorgebracht.
Die
Patriarchatsvorstellung stößt aber schnell an ihre Grenzen. Sind
eh alle Männer Schweine, potentielle Vergewaltiger oder stehen grundsätzlich,
weil Mann, auf der Seite der Herrschaft, so ist fraglich, inwieweit der Einzelne
für sein Tun überhaupt zur Rechenschaft gezogen werden kann. Da
aber offensichtlich nicht alle Männer vergewaltigen, müssen diejenigen,
die das tun, schon irgendwie schuld sein. Wird ein Fall (14) öffentlich,
verkehrt sich die Patriarchatstheorie in die Theorie des Einzeltäters:
Die Zuhörerinnen, allesamt erfahren im Erleben alltäglicher sexistischer
Gewalt, verfügen endlich über einen Namen. Einen, der als Stellvertreter
für all die anonymen täglichen Anmachen, die Angst in der Bahn und
auf der Straße und die ständig geschluckte Erniedrigung herhalten
kann. Diese Entwicklung zeigt sich an der Hektik und Aufregung, dem körperlichen
Beben der versammelten Frauschaft bis hin zu blindem Aktionismus der Frauen-VV.
Dies ist zwar eine durchaus verständliche Reaktion, gerade vor dem Hintergrund
der Erfahrungen, die frau tagtäglich so macht, aber dennoch zu kritisieren,
gerade wenn man bedenkt, daß daraus oft genug Entscheidungen resultieren,
die die Betroffene bereuen lassen, jemals etwas gesagt zu haben und der Geoutete
unreflektiert zum Musterexemplar aller Sexisten wird, an dem sich die Wut
entlädt. So greifen denn nun die Mechanismen, die vorab politisch begründet
waren keine Konkretisierung, Definitions- und Sanktionsrecht, Ausschluß
des Täters im folgenden mehr zugunsten des Erhalts der Projektionsfläche.
Der Mann nämlich hat gar keine Möglichkeit, aus dem Vorwurf herauszukommen:
Anklage ist Verurteilung; das Nicht-Mittragen aller Dogmen Täterschutz;
eine Stellungnahme seinerseits Zweifel an der Frau und Leugnung des Definitionsrechts,
darin bekundete Reue oder Einsicht bloß ein Lippenbekenntnis; keine
Stellungnahme Aussitzen. Diese Projektionsfläche ist auch wunderbar geeignet
für Männergruppenmänner, die ihr schlechtes Gewissen abstoßen
können, den Beschuldigten besonders hassen zugunsten des narzißtischen
Gewinns, besser zu sein als er, ihn stellvertretend bestrafen zu können
für die Verhaltensweisen, die sie an sich selbst zu überwinden,
leugnen oder verdrängen suchen.
So
mischt sich denn in der Linken die Vorstellung von Handlangern des Patriarchats
als Mann allgemein und des durchgeknallten Einzeltäters im konkreten
Fall auf wundersame Weise. Bevor es zu Mißverständnissen kommt:
Wir finden es nicht falsch, Menschen für ihr Tun als verantwortlich zu
begreifen ganz im Gegenteil. Wir halten es auch für durchaus realistisch
und für alle Beteiligten besser, daß Männer durch Reflexion
ihr Gewaltpotential reduzieren und ihre männliche Verfasstheit so verändern,
dass sie als Mensch daraus gewinnen. Widersprüchlich aber ist, daß
das Musterexemplar neben der individuellen Schuld gleichzeitig auch noch faktisch
die Verantwortung für das Patriarchat als gesellschaftliches Verhältnis
aufgebürdet bekommt. Wer das für ein reines Phantasieprodukt hält,
möge erklären, warum ein Großteil der Linken einerseits so
fixiert auf einen absoluten Schuldspruch gegen den Mann ist, andererseits
genau derselbe Teil eine Integration, eine Resozialisation, ein Einreden auf
ihn, das heißt eine Änderung seinerseits für unmöglich
hält, daher nach sofortigem Rausschmiss aus allen linken Zusammenhängen
ruft. Kein Mensch kann für sein Tun verantwortlich sein und zugleich
unfähig, sich zu ändern. Gerade wenn doch das Patriarchat ein gesellschaftliches
Verhältnis ist, welches das Denken aller Menschen mit strukturiert, wie
kann dann jemand nicht patriarchal sein? Dieses Dilemma aber ist kein Gegenstand
der Debatte.
Eine
Vergewaltigung ist keine Gefühlsbeschreibung, sondern ein konkreter Akt.
Dies ahnen wohl die meisten, weshalb es sich dann schon mal in freudschen
Verschreibern auch der DefinitionsrechtsbefürworterInnen deutlich macht.
So schreibt Eine FrauenLesben-Gruppe: Unabhängig davon,
wie die sexuelle Gewalt bzw. der körperliche Übergriff aussah, die
der betroffenen Frau/Lesbe angetan wurde wenn sie es als Vergewaltigung
bezeichnet, entspricht dies genau ihren Gefühlen und ihrer Wahrnehmung.
Dem entspricht auch die übliche Bezeichnung Zweite Vergewaltigung,
die ja auch nicht meint, dass die Frau vom Richter oder Staatsanwalt erneut
vergewaltigt wird, sondern soll bezeichnen, wie die psychischen Widerlichkeiten
des Verfahrens empfunden werden.
Das
hat aber zur Konsequenz, dass der sogenannte Täter für ein Gefühl
der Frau bestraft wird, unabhängig davon, ob es den Tatsachen entspricht
oder nicht. Aber: Wie viele Vergewaltigungen, gerade in der Ehe, mögen
wohl stattfinden, ohne dass die Frauen sie als solche empfinden? Schön
für den Mann: Er muß nicht das Vergewaltigen lassen, sondern nur
aufpassen, wen er sich dafür sucht. Die subtileren Formen des Geschlechterverhältnisses,
zum Beispiel das oft auf Seiten der Frauen vorhandene Einverständnis
in die Vorrechte des Mannes, ist für diese Linke offenbar nicht begreifbar.
Seinen von ihr unbemerkten Schatten wirft dies da, wo FrauenLesben (z.B. die
AAB-Mitgliederinnen (16)) aufgefordert werden, sich doch endlich
auch zu wehren, sprich, zu ihren ureigensten Auffassungen zurückzukehren,
die verschüttet, weil vermutlich in der AAB domestiziert, sind. Wenn
denn doch der Sexismus nur darin besteht, dass Frauen es als solchen wahrnehmen,
wo bleibt denn dann das Patriarchat als objektives Verhältnis?
Dass
das gesamte Maßnahmenpaket dem Schutz der Betroffenen gelten und womöglich
ein Beitrag dazu sein soll, daß sie das Leid schneller oder überhaupt
verarbeiten kann, ist stark anzuzweifeln. Mit dem Dogma, man werde jede Forderung
der Frau erfüllen, ist es nicht weit her. Die Autonome Antifa Gruppe
Bremen schmeißt einen Geouteten raus, obwohl die Frau explizit keine
Forderungen an die Gruppe gegeben hat, und das Berliner Frauen-Lesbenbündnis
widerspricht sich sogar explizit: Die Frau hat die Definitionsmacht!!!
Sie entscheidet, was mit dem Vergewaltiger passiert!!! Vergewaltiger lebenslänglich
raus aus linken Zusammenhängen!!!!
Die
der AAB von Einigen Frauen-Lesben angekreidete Verwendung des
geschlechtsneutralen Begriffs Person statt Frau/Mann zeigt ebenso,
wie wenig es um das individuelle Leid geht. Versuchte die AAB noch ein neutrales
Verfahren anzureißen, wie man mit Fällen von Gewalt in den eigenen
Reihen umgehen kann und damit die Möglichkeit erfaßt, daß
auch Männer Opfer sein können , geben diese Autorinnen zwar
zu, daß es sogar Männer treffen kann. Das soll aber offensichtlich
keine Berücksichtigung finden. Einzelfälle gelten offenbar nur dann,
wenn sie in die Schubladen des Patriarchatsbegriffs passen. Dummerweise leiden
aber auch männliche Opfer meistens. Shit happens!
Und
es ist zwar nachvollziehbar, darauf zu achten, inwieweit der Täter dem
Wirkungskreis des Opfers fernbleiben sollte, aber darauf scheint sich die
Hilfe für die Betroffene auch zu beschränken. D.D. sagt es explizit:
Das Definitions- und Sanktionsrecht [...] sagt nichts weiteres,
als dass das Opfer die Möglichkeit erhält sich weiter in den betreffenden
Zusammenhängen zu bewegen. Eine psychische Verarbeitung, die so
erfolgreich ist, daß die betroffene Person später dem Täter
sogar gegenüberstehen kann und dies nicht mehr Schmerz auslöst,
ist absolut nicht in der Debatte. Eine solche Verarbeitung ist zwar unter
gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen tatsächlich schwierig
zu erreichen. Eine offene, ruhige Gesprächsatmosphäre, eine, die
eine solche psychische Verarbeitung zumindest in denkbare Nähe rücken
würde, wird jedoch im Keim erstickt.
Auch
dies hat Gründe. Das Pochen auf Einverständnis in jeder Situation
kann bezüglich Sexualität nur in dem Kantischen Diktum der wechselseitigen
Nutzung der Geschlechtseigenschaften enden. Dies äußert sich dann
auch im Dogma Nein heißt Nein. Dabei wird weder gefragt,
ob es über diesen Satz hinaus Graustufen gibt und worin diese bestehen,
noch wie Lust und Erotik entstehen und welche Beziehung dies zu Gewalt hat
und natürlich schon gar nicht über den schwierigen Zusammenhang
beider Fragenkomplexe zueinander.
Vergewaltigung,
so sehen es immer noch einige Linke, habe nichts mit Sexualität zu tun,
sei nur Macht und Unterwerfung. (17) Als wäre die sexuelle Komponente
nur ein neutrales Mittel und gleichzusetzen etwa der Entscheidung, der Ehefrau
lieber eine Tasse oder doch einen Teller an den Kopf zu schmeißen. Die
Frage, ob Macht und Unterwerfung Elemente von Sexualität sein könnten
und die Übergänge zwischen beiden vielleicht fließend, passt
nicht in dieses Gut-Böse-Schema hinein und wird daher erst gar nicht
gestellt. Von einer Beziehung zwischen Erotik/Sexualität und Dominanz/Unterwerfung
will diese Linke nichts wissen. Für diesen Fall wäre nämlich
die Frage nach dem Beitrag der Frau gar nicht mehr so absurd.
Natürlich
hat die Linke eine Erklärung parat für die tagtäglichen kleinen
erotischen Fernsehszenen, wie zum Beispiel die, in der sie von ihm sanft an
die Wand gedrückt wird und sich beide nach schmachtendem Blick doch endlich
küssen. Solche Szenen seien Phantasieprodukt des Mannes, vielleicht noch
für ihn lusterregend, nicht aber für sie. Nun ist nicht zu leugnen,
dass dies wahrscheinlich der Phantasie der meisten Männer entspricht.
Ob es aber daraus entspringt oder bloß darin aufgeht, ist zweifelhaft.
Denn merkwürdigerweise spricht es ja auch Frauen an. Die Entgegnung,
die würden das inzwischen selber glauben, wirkt langsam absurd; als wäre
Lust steuerbar, trete nur bei denjenigen auf, die solche Szenen auch vom Kopf
her begrüßen oder tolerieren, als stimme Lustemp-finden mit der
politischen Positionen überein. Dass dem nicht so ist, hätte die
Linke schon aus ihren Kampagnen gegen Pornographie lernen können
dass sich nämlich trotz überwiegend ästhetisch schlecht gemachter
Pornos die Lust dennoch oft rührt. Es sei denn, man will es nicht wahrhaben,
und diese Regung im Versuch, desto heftiger gegen Pornos und vor allem ihrer
ZuschauerInnen vorzugehen, leugnen, anstatt sich zu fragen, was dieses Dilemma
nun bedeute. Wer das für eine unverschämte, unmögliche These
hält, möge erklären, warum gerade unter Feministinnen so viele
es rundweg ablehnen, sich den Gegenstand ihrer PorNo-Kampagne auch mal anzusehen,
obwohl sich daraus, dass Frauen es sehen, ja keine Vergewaltigung ergeben
dürfte.(18) Über solche inneren Konflikte von Subjekten könnte
man viel bei Freud lernen. Die Behauptungen, seine Theorie sei frauenfeindlich
und deterministisch, sind durch keinerlei Kenntnis getrübt und werden
auch durch stetes Wiederholen nicht richtiger; die Behauptungen, er sei sexistisch
oder schlicht bürgerlich, befreien ebensowenig von der Pflicht, seine
Inhalte zu prüfen. Denn auch Bürgerliche und Sexisten sagen zuweilen
richtige Dinge eine womöglich falsche Motivation zieht nicht notwendig
die Falschheit einer Aussage oder Theorie nach sich. (19)
Zu
erwähnen ist aber noch die zweite Richtung in der Linken, diejenige,
welche erklärt, heterosexueller Sex in patriarchaler Gesellschaft sei
prinzipiell falsch. Besonders konsequent waren diejenigen, die daraufhin zu
politischen Lesben wurden. Welches Verhältnis der Personen zu sich selbst
und zueinander das aber implizieren kann, zeigte sich dann in den Debatten
um Fälle, wo sich eine politische Lesbe mal mit einem männlichen
Wesen eingelassen hatte. Nicht selten wurde sie zumindest zeitweilig geschnitten,
anstatt einfach gefragt zu werden: Hast du es genossen? Dann ist doch alles
okay.
Eines
aber haben beide Strömungen gemeinsam: Frauen sind fein raus und stehen
immer auf der Seite des Guten. Nein heißt Nein reduziert
sich auf ein Dogma, welches nicht mehr zulässt, dass es fernab von klaren
Jas und Neins noch anderes gibt. Jeden und jede, die dies andeuten, die erklären,
es gäbe Fälle, in denen Kopf und Lust sich widersprächen, oder
gar sich ein Nein zu einem Ja wandle was umgekehrt natürlich unbezweifelt
ist werden zu TäterschützerInnen gestempelt. Verführung
gibt es de facto nicht, entweder beide wollen oder eine Person nicht,
schreibt Anna Conda. Dabei geben manchmal sogar VerteidigerInnen des Definitionsrechts
zu: Kein Mensch kann immer und in jeder Situation seine/ihre Grenzen
genau bestimmen. Gerade in Situationen, die unklar erscheinen, ist es noch
schwieriger, die Grenzen zu setzen, schreibt pastah; diese Erkenntnis
bleibt jedoch folgenlos. Auch läst das simplifizierende Dogma Nein
heißt Nein nicht die Erkenntnis zu, dass Frauen es oft genug nicht
schaffen, ihrem Nein Ausdruck zu verleihen. Richtigerweise wird Männern
abverlangt, dass sie ein Gespür für die non-verbale Abwehr entwickeln.
Dies aber ist nur die eine Seite des Problems, denn Frauen, die sich wie gelähmt
fühlen, wenn es darum geht, ihre Abweisung auszusprechen, tun dies ja
nun nicht aus pädagogischen Gründen. Ob der Mann sich in der Situation
adäquat verhält oder nicht ist unabhängig davon, dass auch
die quälend empfundene Lähmung der Frau ein änderungsbedürftiger
Zustand ist. Aber solche Zweifel der Frauen am eigenen Verhalten werden in
falsche Eindeutigkeit aufgelöst. Das Definitionsrecht unterstellt einfach,
für die Betroffene sei immer alles sonnenklar. So ist beispielsweise
das doch nie wirklich verdrängbare Wissen um die Erotik von Unterwerfung
und Dominanz (20) ein Punkt, der zu innerer Quälerei führen kann,
die durch das Nicht-drüber-reden-Dürfen sicherlich nicht gebessert
wird. Das muß mit Mitschuld überhaupt nichts zu tun haben, denn
dort, wo aus Spiel Ernst wird, verliert es den erotischen Charakter
und wird zu Gewalt. Die Erkenntnis, dass Unterwerfung und Dominanz nicht nur
erotische Phantasien von Männern, sondern oft genug auch von Frauen sind,
legitimiert weder Gewalt noch erteilt sie einen Freibrief zur Vergewaltigung.
Phantasie und Realität sind verschiedene Dinge, denn in der Phantasie
bleibt jede Frau die absolut Beherrschende der Situation, kann sie jederzeit
abbrechen bei Vergewaltigungen ist das nicht der Fall.(21)
Ähnlich
kurz greift die Kritik, Frauen würden als Sexualobjekte angesehen. Darauf
reduziert zu sein, nur subjektloses Mittel für etwas oder jemanden zu
sein, ist tatsächlich unerträglich; die Kritik, gemeint in diesem
Sinne, ist daher zutreffend. Daß Sexualobjekt zu sein aber in Maßen
auch angenehme Seiten hat, Frauen vielleicht auch als Frauen und eben nicht
nur als Menschen geliebt werden wollen, wird nicht einmal in Betracht gezogen.
Dann möge man aber schlüssig erläutern, wieso Fernsehsendungen,
die Mädchen nackt fotografieren, den Mädchen damit nach eigenen
Aussagen einen Herzenswunsch erfüllen? Wieso ist Model ein Traumjob vieler
Mädchen und Frauen? Oder worin besteht der Sinn des Spiels der kalten
Schulter? Ist es womöglichdie Freude daran, mit dem eigenen weiblichen
Körper im Anderen Begehren zu erzeugen?
Unbestritten
ist, daß das Geschlechterverhältnis gelinde gesagt zu Ungunsten
von Frauen verläuft und Gewalt seine extremste Ausprägung ist. Dennoch
ist weder die Aufteilung zwischen weiblich Gutem und männlich Bösem
hilfreich noch der Rückzug aus dem Sexualleben, selbst wenn es reale
Gefahren enthält, vor denen frau berechtigterweise Angst hat. Die Alternative
wäre der Versuch, durch Reflektieren und Einfühlen, Einforderung
von Besinnung und Verhaltensänderung, aber auch Tolerieren und Verzeihen
mit und zwischen den Geschlechtern eine bessere Praxis auf den Weg zu bringen.
Das mag unbefriedigend sein und ist sicherlich nicht die Schaffung eines Raumes,
in dem Gewalt oder auch nur Missverständnisse wenn man dies denn
als Terminus zuläßt ausgeschlossen sind. Dies hehre Ziel
steckt nämlich hinter der eskalierenden Stimmung. Es ist jedoch unter
derzeitigen gesellschaftlichen Bedingungen ebenso unerreichbar wie ein terroristenfreier
Raum. Die Verhaltensweisen sind erstaunlich übereinstimmend: Kontrolle
und Gewalt wird durch mehr Kontrolle und Gewalt abgelöst ein Prozeß,
der mangels Erreichens eines gewaltfreien Raums und mangels Besinnung auf
dessen Unmöglichkeit unendlich fortschreitet. So, wie sich die StaatsbürgerInnen
ihren narzißtischen Gewinn verschaffen, indem sie ihre Ohnmacht über
die Identifizierung mit dem mächtigen Anti-Terror-Kollektiv beinahe vergessen,
haben nun endlich auch Linke die Möglichkeit, sich über die Definitionsmacht
aus der Ohnmacht zu begeben und auf der Seite des Guten TäterschützerInnen
und Vergewaltiger abzustrafen.
Gegen
diejenigen, die sich diesen Dogmen nicht beugen wollen, wird eingewandt, sie
würden sich verhalten wie das bürgerliche Gericht.(23) Gefragt wird
jedoch nicht, welche Unterschiede zwischen der Linken als Szene und dem Gerichtssaal
bestehen oder vielleicht bestehen sollten, und das ist keineswegs unerheblich.
Als
analog wird zum Beispiel der Täterschutz gesehen, die mangelnde Hilfe
beziehungsweise Parteinahme für das Opfer, die letztlich zur Opfer-Täter-Verkehrung
werde. Sicherlich liegt dies auch am Sexismus der ins Verfahren Involvierten,
die keine Ausnahme zu aktuellen Denkstrukturen darstellen. Es liegt aber ebenso
daran, dass ein Gerichtsverfahren schlicht einen anderen Zweck verfolgt: Es
ist nicht Teil einer sich als revolutionär wähnenden Bewegung, die
die Möglichkeit von friedlichem Miteinander im Jetzt noch gar nicht für
möglich hält; es ist Teil einer Gesellschaft, die die Freiheitlich-demokratische
Grundordnung bereits als Verwirklichung eines Menschheitstraums ansieht.
Daher reicht es dem Gericht nicht, ein Patriarchat festzustellen, sondern
es prüft Schuld oder Unschuld einer angeklagten Person im konkreten Fall.
Und da mit einer Verurteilung ein Strafmaß festgelegt wird, gibt es
Sicherheitsmaßnahmen, die möglichst ausschließen sollen,
dass jemand zu Unrecht verurteilt und bestraft wird: Das Recht auf einen Anwalt,
auf Stellungnahme, auf Revision und den Grundsatz in dubio pro reo.
Prinzipien, welche die Linke, wenn es schon Gerichte und Bestrafung gibt,
die die Leute wieder zu ordentlichen angepassten StaatsbürgerInnen machen
wollen, keineswegs zu Unrecht verteidigt. Die Probleme sind also weder nur
an den agierenden Personen noch den einzelnen Elementen des Verfahrens festzumachen,
sondern am gesamten Kontext.
Die
willkürliche Rechtsetzung und Vollstreckung gegen jeden und jede, der
oder die sich dem widersetzt, erinnert eher an das schlechte Abbild eines
Polizeistaats Hier patroulliert die FrauenLesben-Miliz,
schreibt die GmbH denn an einen gelungenen revolutionären Weg,
der das Ziel eines besseren Lebens andeuten soll. In solch repressiver Stimmung
jedoch ist es weder der Betroffenen möglich, das Geschehene verbalisiert
zu verarbeiten denn für diese Linke ist ein Gespräch mit
der Frau über das Geschehene offenbar nur als Anklage vorstellbar ,
noch kann der Geoutete anderes tun als leugnen, damit aber sich mehr verhärten
als in sich gehen. Solange Strafe garantiert ist, wird sich das nicht ändern.
Bezüglich der festen Verknüpfung von Schuld und Strafe distanziert
sich die Linke, die ansonsten dem bürgerlichen Gerichtsverfahren so ablehnend
gegenübersteht, nicht davon. Das Konzept der Strafe wird übernommen,
aber jene Elemente des bürgerlichen Gerichts, die Willkür vermeiden
sollen, werden ausgeschaltet.
Die
Linke jedoch sollte kein Strafbedürfnis zum Ziel erheben, sondern den
Schutz der Betroffenen und die Prüfung, ob eine Auseinandersetzung, ein
gemeinsames Lernen aus Fehlern möglich ist, die nie auszuschließen
sind. Obwohl beide Ziele nicht deckungsgleich sein müssen, sind das Aushalten
dieses Dilemmas und der Versuch seiner individuellen Lösung unter Würdigung
der spezifischen Umstände im kleineren Kreis wohl fruchtbarer als der
bisher beschrittene Weg, nämlich: Höchststrafe weil Exemplar der
herrschenden Seite des Patriarchats. Denn beide Ziele sind auch nicht wie
bisher als in der Praxis grundsätzlich widersprüchliche anzusehen:
Gerade jene Männer, die durch Einsicht in ihr Fehlverhalten zu solch
einem Prozeß bereit sind, sind tendenziell diejenigen, die freiwillig
das Feld räumen, wenn der Betroffenen ihre Anwesenheit unerträglich
oder unangenehm ist.
Strafe
als Ausgleich für Leiden und Erreichung von Gerechtigkeit zu betrachten,
ist absurd: Geschehenes kann nicht rückgängig gemacht werden und
die Höhe der Strafe steht nicht in irgendeinem Verhältnis zu Linderung
des Leids. Statt dessen wird der Geoutete zum reinen Täter. Auf die Idee,
daß sich einige Menschen seines Umfelds nicht mit dem Täter, sondern
mit dem Menschen, der etwas getan hat, solidarisieren, dass dieser Mensch
in der Klassifizierung Täter nicht aufgeht, kommt scheinbar
niemand. Denn als Projektionsfläche eignete er sich in diesem Fall nur
halb so gut. Die Behandlung des Angeklagten spitzt sich dann immer mehr zu.
Wenn es schon ums Beweisen geht, sollte nicht das Opfer gezwungen werden
zu beweisen; vielmehr sollte der Täter beweisen, daß
er es nicht war, erklärt Anna Conda frei heraus. Selbst vorm Entzug
des letzten Rests menschlichen Respekts, der sich jedem zu zollen gebührt,
schrecken viele nicht mehr zurück: Lasst uns ihm den Boden unter
den Füßen wegziehen!!!!!! (24), heißt es da oder Es
darf keine Rückzugsräume für Sexisten geben! (25) Das
ist bitterernst gemeint: In einer Dresdner Aktion gegen Typen, die ausfällig
geworden waren und besonders einen, der eine Frau geschlagen hatte, wurde
auch das Treppenhaus des Typen verschönert und sein Bad. Uns ist bewusst,
dass wir damit in die ganz persönlichen Rückzugsräume dieses
Typen eingegriffen haben. Aber wir halten diesen Eingriff für gerechtfertigt,
da wir der Meinung sind, dass Sexisten [also nichtmal nur Vergewaltiger!]
einfach keine Rückzugsräume haben sollten, und dazu gehört
nun einmal ihr persönlicher Wohnbereich. (26) Diese Behandlung
belegt, daß es nur noch um ein Rachebedürfnis geht, eine inadäquate
Gerechtigkeitsvorstellung, die sich von jedem vernünftigen Ziel längst
abgekoppelt hat.
Zur
Änderung des Kontextes, in dessen Rahmen die Linke das Problem interpretiert,
gehört ferner die Erkenntnis, dass Frauen genauso Menschen mit Fehlern
sind wie Männer und dass sie gute Gründe haben können, das
Definitions- und Sanktionsrecht entgegen dem Sinn der Erfinderinnen zu nutzen.
Jetzt werden wieder Stimmen laut werden, die behaupten, hier würden Frauen
als die Schuldigen dargestellt und die Männer entlastet. Aber bezeugt
dies nicht vielmehr die Unfähigkeit, von der ansonsten kritisierten Dichotomie,
die Frau sei Heilige oder Hure, Abstand zu nehmen?
In
einem solchen Kontext ergibt es dann sowohl für den Umgang mit ihm als
auch mit ihr Sinn, Fragen zu stellen, wie: War es Absicht? Hat er das Nein
gemerkt? Und wenn nicht, dann weil er unsensibel ist oder weil dies auch gar
nicht deutlich wurde? War es für sie etwa nicht einmal selber deutlich?
Wie ist die Ehrlichkeit der Reue festzustellen? Die Schwierigkeit, aufgrund
solcher Betrachtung des Problems ein adäquates Umgehen zu finden, ist
jedenfalls allemal besser, als es mit Gewalt einseitig aufzulösen und
bekundete Reue prinzipiell als Lippenbekenntnis zu werten.(27)
Um
es nochmals klar zu sagen: Einem Vergewaltiger den letzten Rest an Menschlichkeit
zu gewähren, heißt nicht, seine Gewalt zu legitimieren oder Täterschutz
zu betreiben. Aber auch bezüglich des Vorwurfs Täterschutz
hat der Wahn einiger Linker ja bisher keinen Halt gefunden. So wird die AA/BO
gar als Täterschutzorganisation (28) bezeichnet, was sich
wohl nur so interpretieren läßt, daß der AA/BO unterstellt
wird, Täterschutz zu ihrem obersten Ziel erkoren zu haben. Sollten wir
dem Weißen Ring mal einen Tip geben?
Implizit
geht es spätestens bei der Definitionsmacht um die Vorherrschaft des
Partikularen, nicht um das friedliche Miteinander beider Geschlechter, sondern
das Recht der Frau. Dies aber ist keine revolutionäre Zielsetzung,
sondern lediglich die Ersetzung der einen Gewalt durch eine andere. Zumal
das Bild dieser Frau auch noch dem Jetzt entnommen wird. Vehement wenden sich
FrauenLesben gegen irgendeine Anforderung an Frauen, obwohl doch gerade die
genannten Probleme beim Nein-Sagen offensichtlich Bedarf auch nach einer Änderung
des Verhaltens von Frauen anmelden zu ihren eigenen Gunsten, wohlgemerkt.
Hier bestätigt sich, was schon mit dem Patriarchatsbegriff und dem Definitionsrecht
klar war: Die Frau ist gut und unschuldig, der Mann das Gegenteil. Der Unterschied
zu vorher soll zukünftig nur sein, dass nicht mehr der Mann das Maß
aller Dinge ist, sondern die allseits ehrliche und moralisch integre Frau.
Was ist, wenn die auch vom Beschuldigten geforderte Stellungnahme
abweicht von den Schilderungen der Frau, polemisiert das Antifaschistische
Plenum gegen die AAB. Ja was dann? Anstatt den Gedanken fortzuführen
und festzustellen, dass die Welt wohl doch rund sein könnte, schlägt
sich das Plenum der Praktikabilität wegen auf die Seite des Definitionsrechts
der Frau, da man mit allgemeingültigen Definitionen spätestens in
der Praxis ins Straucheln ge-rate.(29) Wer Uneindeutigkeiten nicht aushalten
kann, macht sie eindeutig zur Not mit Gewalt: BIG SISTERS ARE
WATCHING YOU (30). Gerade die Aktion der GmbH macht die versuchte Vorherrschaft
des Partikularen so deutlich, die gewaltsame Durchsetzung ihrer Interessen,
den allen Frauen unterstellten Interessen, ohne dass vorab wenigstens noch
der Versuch unternommen würde, dies innerhalb der Linken als allgemein
vernünftig zu erkennen oder als unvernünftig abzulehnen: Wer der
Anzeige in dieser Kneipe trinken Vergewaltiger nicht durch schlüssiges
Handeln nachkommt, indem er oder sie sich von dieser Kneipe fernhält,
wird mit Gas besprüht. Keine Diskussion.
Eine
gewaltfreie Welt wird es mindestens vor der Revolution nicht geben. Die Linke
aber will nicht einsehen, daß es keine simple Lösung gibt. Sie
kann Dilemmata nicht ertragen und in dem Versuch, sie einseitig in Eindeutigkeit
aufzulösen, macht sie alles noch schlimmer. Das verfestigte Bild von
Frauen und Männern, zwischen denen nur Herr gegen Knecht ausgetauscht
werden soll, würde sich noch deutlicher Lügen strafen an dem Tag,
wo plötzlich ein Linker zur Tür reinkommt und sagt, er sei von einer
Frau ... Was auch immer. Ob die Definitionsmacht dann in seiner Hand liegt?
Oder nicht doch eher unterstellt wird, er habe die ganze Geschichte erstunken
und erlogen, um das Definitionsrecht zu torpedieren?
Um
ein letztes noch einmal zu sagen: Ein Geschehnis nicht als Vergewaltigung
zu bezeichnen heißt nicht, daß alles in Ordnung ist. Die Tendenz
der Linken, jeden Blick auf den Hintern als Übergriff und jedes Busengrabschen
als Vergewaltigung zu bezeichnen, erinnert doch sehr an die Selbstkritik Pohrts:
Wir sprachen [...] von der Isolationsfolter, als ob nicht die Isolation
eine und die Folter eine ganz andere Sache wäre, und als ob erst der
Superlativ, nämlich die Folter, nicht aber Haft und Isolation allein
schon einen hinreichenden Grund böten, sich zu empören. (31)
(1)
FrauenLesben sollen Gewalt so benennen können, wie sie sie empfunden
haben (pastah); Sie entscheidet, was ein sexistischer Übergriff
ist, was eine Vergewaltigung, etc., Objektivität in diesem Zusammenhang
gebe es nicht (Autonome Antifa Gruppe Bremen); Die Entscheidung, ob
eine Grenzüberschreitung stattgefunden hat, liegt allein im subjektiven
Ermessen der betroffenen Frau (Venceremos); Das BAT erkennt das
alleinige Definitionsrecht der betroffenen Frauen an. Das heißt, dass
bei Übergriffen nur die Seite der betroffenen Frauen gehört wird,
wenn und in welcher Form die Betroffene es wünscht. Sämtliche Forderungen
der Frau werden vom BAT getragen und in der Struktur umgesetzt (BAT).
(2) Explizit bei AGiP, GmbH, D.D.
(3) BgR (Meisers). Einwände dagegen sind uns aus Papieren nicht bekannt,
Einfluss auf die Debatte hatte es aber nicht.
(4) GmbH.
(5) Natürlich gibt es keine Äußerungen die da lauten Definitionsrecht
weil Patriarchat. Es ist aber als Gegenmaßnahme gegen ein strukturelles
Problem gedacht. Vgl. z.B. Autonome Antifa Gruppe Bremen, Revolutionäre
Feministinnen, pastah.
(6) GmbH.
(7) Übrigens wird Sexismus oft gleichbedeutend verwandt, ist aber noch
unschärfer im Gebrauch, als der Patriarchatsbegriff.
(8) Eindeutig ist der Gebrauch nicht, aber mehrheitlich bezieht sich die Bezeichnung
Definitionsmacht nicht nur auf das Recht einer Betroffenen, ihr Geschehenes
zu bezeichnen, sondern auf das Recht von Frauen als Kollektiv, zu bestimmen,
was unter Sexismus fällt und was nicht.
(9) GmbH.
(10) GmbH.
(11) GmbH.
(12) Vgl. GmbH.
(13) Nach Ladenkollektiv Politik und Rausch.
(14) Wir schreiben hier von 'Fall, weil wir nicht nur Veröffentlichungen
von Vergewaltigungen meinen, sondern auch von anderen gewalttätigen sexistischen
Vorfällen.
(15) Angela Carter, Kapitelüberschrift.
(16) AGiP.
(17) U.a. Meisers, Klauda.
(18) Die mangelnde Bereitschaft, sich Pornos und der eigenen Reaktion darauf
zu stellen, verdeutlicht sich auch am von Bozic berichteten Fall eines
Berliner Autonomen, der zugegeben hatte, sich gelegentlich beim Betrachten
von sogenannten Herren-Magazinen selbst zu befriedigen und dafür gewaltsam
aus einer Szene-Kneipe geschmissen wurde. Wie viele mögen dazu
geschwiegen haben, um ähnlicher Behandlung zu entgehen, und wie viele
davon mögen weiblichen Geschlechts gewesen sein?
(19) Zur Einführung in Freud seien seine Vorlesungen zur Einführung
in die Psychoanalyse und seine Traumdeutung empfohlen; ebenso
Juliett Mitchells Buch Psychoanalyse und Feminismus.
(20) An o.: Deine These, Lust entwickelt sich gerade mit der Freude
darüber, das jeder Moment für beide das richtige ist, man
könne zwar auch einmal etwas unerwartetes tun, es heißt aber
schon, daß beide sich soweit vertrauen, daß sie wissen, daß
der jeweils andere auf sie achtet teilen wir nicht. Erkläre uns
mit dieser Theorie folgendes: Warum ist die Lust bei One-Night-Stands (die
oft mit Fremden passieren) oft größer als bei PartnerInnen, die
bereits lange zusammen sind und eine vertrauensvolle Beziehung führen?
Was heißt denn überhaupt Vertrauen? Ist das nicht eine Erfahrungskategorie,
die eben bei Fremden definitiv nicht so vorhanden sein kann wie bei PartnerInnen?
Und warum ist dennoch eines der Grundprobleme auch in funktionierenden
Partner-schaften dass die Lust abnimmt? Wo bleibt das Vertrauen beim
Ansehen von Filmen? Und gibst du nicht im nächsten Satz, es kann
passieren, dass beide erst nachher bemerken, dass das jetzt wohl doch nicht
so gut war zu, daß die Frage, ob es das richtige war,
immer eine ist, die sich wahrlich erst im Nachhinein beantworten lässt,
die Lust aber aktuell entsteht? So ließen sich noch viele Beispiele
finden, zu denen wir gerne wüssten, wie deine Theorie sie erklären
mag.
(21) Auch Barbara Sichtermann hat zu dieser Differenz und dem Thema Interessantes
geschrieben.
(22) Aufschrift einer Plakatserie, von diversen Texten (meist ablehnend) zitiert.
Dafür gilt aber dasselbe, wie für die Aussage der GmbH über
Männer auf der herrschenden Seite des Patriarchats, s.o.
(23) Vgl. insbes. Antifaschistisches Plenum, Einige FrauenLesben und Georg
Klauda.
(24) Vergewaltiger raus.
(25) Feministische Frauen.
(26) Feministische Frauen.
(27) Dieser Tenor, jeglicher Andeutung auf Einsicht gleich Taktik zu unterstellen,
ist nicht nur bei den Feministischen Frauen zu finden, sondern auch bei Walli
und AGiP, sofern sich Gruppen überhaupt auf solche Debatten einlassen.
Aber auch andere, ähnliche Tendenzen der Texte sind erwähnenswert:
Sich verhalten oder Konsequenzen ziehen ist nämlich
synonym dazu, die Dogmen umzusetzen (vgl. Walli, Zur Interim 485;
FrauenLesben Im Infoladen, Feministische Frauen, BAT); nicht diskutiert
analog: kommt nicht die Anerkennung des Dogmenpakets heraus, wurde nicht diskutiert
(vgl. Zur Interim 485). Dies zeigte sich besonders bzgl. der erwarteten
Stellungnahme der AAB (wobei übrigens jedes Papier sie zu einem anderen
Thema erwartete), denn diese haben zweifellos deutlich Stellung bezogen, aber
eben nicht in dem verlangten Sinne (vgl. Antifaschistisches Plenum und Einige
FrauenLesben. Letztere bezeichnen sogar implizit nur die Anlehnung an diese
Dogmen als sachlich.). Das ist das Geheimnis des Nicht-Verhaltens der AAB!
(28) FrauenLesben im Infoladen.
(29) Vgl. Antifaschistisches Plenum.
(30) Vergewaltiger raus.
(31) Pohrt, S.20.