Als
Sozialtipp verkaufte die staatstragende Frankfurter Rundschau
am 4. September 2003 ihre Nachricht Homosexuelle müssen
sich nach Heirat an den Partner halten. Unabhängig davon, daß
sogar angepaßte Homos im allgemeinen nicht heiraten dies bleibt
rechtlich Verschiedengeschlechtlichen vorbehalten , sondern sich in
unemanzipiertem Geisteszustand schlimmstenfalls vor einem deutschen Standesbeamten
verpartnern lassen dürfen, vermeldete das bürgerliche Blatt aus
der Banken-Metropole eine in Fachkreisen längst bekannte Folge rot-grünen
Wirkens. Im sozialen Notfall sind gleichgeschlechtliche Lebenspartner
wie Eheleute verpflichtet, für den Unterhalt des anderen aufzukommen:
Diese Pflicht, entschied das Verwaltungsgericht in Minden, kommt gerade
auch dann zum Tragen, wenn nur einer der Partner ein regelmäßiges
Einkommen hat, der andere aber mittellos und auf Hilfe angewiesen ist
(VG Minden, 6 L 899/03 PM). Derartige Fälle selbst gewählten Ungemachs
bleiben jedoch auch nach der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes
in der täglichen Praxis von Beratungsstellen und Gerichten quantitativ
zu vernachlässigen und sollen deshalb die aufgeklärte Leserschaft
an dieser Stelle nicht weiter belästigen.
Aufmerksamkeit hingegen verdienen undiszipliniert herumferkelnde Säue
nicht nur bei der Deutschen AIDS-Hilfe (DAH), sondern auch beim Sozialverband
Deutschland (SoVD): Rechtliche Aspekte im Umgang mit AIDS lautet
der Titel eines dreitägigen Grundlagenseminars und ebenso langen Aufbaukurses
an der Akademie Waldschlößchen in Reinhausen bei Göttingen.
Mit einer Vielzahl sozialrechtlicher Fragen von der Beantragung eines Schwerbehindertenausweises
über die Realisierung von Krankengeld, Erwerbsminderungsrente oder Pflegegeld
bis hin zur Inanspruchnahme eines ambulanten pflegerischen Dienstes wenden
sich HIV-Positive und AIDS-Kranke im Laufe ihres verkürzten Daseins vorrangig
an regionale AIDS-Hilfen und nachdem ihre Anträge abgelehnt wurden
und vor Sozial- oder Verwaltungsgerichten landen an den Sozialverband.
Beide Veranstaltungen machen mit einschlägigen gesetzlichen Grundlagen
vertraut und zeigen anhand von Fallbeispielen konkrete Handlungsstrategien
auf.
Für
diese erste Aufgabe haben die Anwesenden 40 Minuten Zeit und sie bleibt
die leichteste während der folgenden 72 Stunden: Wo lassen sich
innerhalb der einzelnen Gesetze Regelungen zu folgenden Themen finden und
wie sehen diese aus? Fasse in eigenen Worten den Inhalt der jeweiligen §§
zusammen. 1) Bundessozialhilfegesetz: a) Mehrbedarf, b) Haushaltshilfe,
c) Leistungen bei Pflegebedürftigkeit, d) Einsatz des Einkommens und
Vermögens, e) Sozialhilfe für Ausländer; 2) Asylbewerberleistungsgesetz:
a) Grundleistung für Asylbewerber; 3) SGB XI Soziale Pflegeversicherung:
a) Voraussetzungen für die Einstufung in eine der Pflegestufen, b) Regelung
zur sozialen Sicherung der Pflegeperson, c) Kombinationsleistung; 4)
SGB V Soziale Krankenversicherung: a) Voraussetzungen für die
freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung, b) Leistungen
bei Pflegebedürftigkeit; 5) SGB VI Soziale Rentenversicherung:
a) Beitragsrechtliche Voraussetzungen für den Erwerbsminderungsrentenbezug,
b) Medizinische Voraussetzungen für den Erwerbsminderungsrentenbezug,
c) Welche Zeiten spielen bei der Ermittlung eines lückenlosen Beitragsbildes
eine Rolle?, d) Ab wann und wie werden Pflegepersonen versichert?
Franz Schmitz aus Köln, Diplom-Sozialarbeiter von der Schwulen Initiative
für Pflege und Soziales (SCHWIPS), und Andreas Neumann, Diplom-Verwaltungswirt
und ehemaliger Staatsdiener bei einer Landesversorgungsanstalt, ebenfalls
aus Köln, leiten die Bildungsmaßnahme gemeinsam. Ein etwa acht
Zentimeter dicker Aktenordner mit etlichen Fällen aus der beschädigten
Lebenswirklichkeit HIV-Positiver in der Bundesrepublik gilt dabei als Tischvorlage
für juristische Übungen: Werden im Grundlagenseminar das Sozialrecht
allgemein erläutert und seine Strukturen transparent gemacht, bietet
das Aufbauseminar Fortgeschrittenen Gelegenheit, sich über
aktuelle Entwicklungen auszutauschen und in betreuten Arbeitsgruppen durch
Anwendung sozialrechtlicher Bestimmungen an realen Fällen ihre juristische
Handlungskompetenz zu erweitern. Ein Seminar zum Entwirren des Sozialgesetzbuchs
und des Bundessozialhilfegesetzes, meint Georg Gaspar vom Caritasverband
Essen in der abschließenden Feedback-Runde. Und Klaus Zimmet von der
AIDS-Hilfe Saar freut sich schon auf eine Wiederholung im Neuen Jahr, um
den aktuellen Stand zu halten.
Letzter
Seminartag, vorletzter Fall: Anfang Januar 2003 wird über eine
Bekannte von Herrn Jens W. der Kontakt zur regionalen AIDS-Hilfe hergestellt
und diese um Unterstützung gebeten. Die persönliche Situation des
am 12.12.1966 geborenen Herrn W. stellt sich wie folgt dar: Wohnsituation,
psychosoziale, gesundheitliche und finanzielle Situation sowie die Antragslage
bei der Anerkennung einer Pflegestufe der Pflegeversicherung werden kurz vorgegeben.
Jetzt haben die Anwesenden knapp zwei Stunden Zeit, um eine umfassende sozialrechtliche
Lösung auszuarbeiten, das heißt sämtliche konkreten Rechtsnormen
zu ermitteln, exakt zu benennen und die jeweiligen Leistungen genau zu errechen.
Wie nach der Erledigung einer jeden Aufgabe und ihrer anschließenden
Besprechung im Kolloquium folgt der Lösungsvorschlag der
beiden Supervisoren: 1) Hauswirtschaftliche Versorgung, 2) Anmietung einer
behindertengerechten Wohnung, 3) altes Mietverhältnis, 4) psychosoziale
Betreuung, 5) Einrichtung einer Betreuung, 6) häusliche Krankenpflege,
7) pflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung nach Entlassung aus der
Rehabilitationseinrichtung, 8) finanzielle Situation von Herrn W., 9)
Leistungen aus der Pflegeversicherung, 10) überzahlte Sozialhilfe, 11)
Beisetzung auf drei Seiten kurz und knackig sämtliche Fundstellen
nebst Einzelberechnungen. Dinge, die Ehrenamtler in AIDS-Hilfen und ehrenamtliche
Richter an Sozialgerichten drauf haben müssen.
Nicht, daß Rechtliche Aspekte im Umgang mit AIDS die Ausbeutungsverhältnisse
der Täter und Opfer im Kapitalismus gefährden würde, aber es
hilft denjenigen, die nach versteckten, ihnen gesetzlich zustehenden Nischen
suchen, sich mit selbigen zu arrangieren. Weder ersetzt noch vereitelt die
Teilnahme am DAH-Sozialrechtsseminar die erforderliche eigene politische Positionierung
der Akteure im täglichen Kampf gegen politische Wegelagerei und Sozialklau
von Raubrittern auf Regierungsbänken: Wenn die Maulenden sich für
Glättungen der Reformen ihr bißchen Schneid
abkaufen lassen, machen sie sich zu Komplizen der Volksbescheißerei
was das aus der SPD ausgeschlossene Ex-MdB Karl-Heinz Hansen im November
in der Zeitschrift konkret über Abweichler unter Spezialdemokraten
und Bündnisgrünen meinte, gilt auch für Stimmberechtigte außerhalb
der Parlamente. Der Autor weiß nicht, was Ihnen diesbezüglich Ihr
Arzt oder Apotheker empfiehlt er rät Ihnen jedoch zur regelmäßigen
Lektüre der SoVD-Zeitung. Damit Sie wissen, wies wirklich läuft.