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Wahlhilfe

Unter tätiger Mithilfe seiner Organisatoren fransen beim diesjährigen Christopher Street Day in der „Schwulen- und Lesben-Metropole West“ schon im Vorfeld die längst brüchigen Ränder nach rechts nochmals kräftig aus. Von Martin Lentzen

Der „Cologne Pride 2004“ am 4. Juli hat einen tollen neuen Sponsor: „Lonsdale“, jenes Lieblingslabel der Nazi-Szene. Damit nicht genug, gibt im offiziellen CSD-Programmheft der Kölner Leben- und Schwulentag (KLUST e.V.) dem rechten Bündnis „Pro Köln“ Wahlhilfe. Neue Sitten oder einfach nur die diesjährigen Ausrutscher beim Kölner Christopher-Street-Day?

Sagen wir’s so: Die CSD-Veranstalter haben ihre Gründe. Und die erklären sie sogar. Unumwunden räumt der KLUST ein, die Modemarke „Lonsdale“ könne „irgendwie für rechte Gesinnung und Menschenfeindlichkeit“ stehen. Man habe sich „dennoch“ (!) für eine Kooperation mit dem „heikel erscheinenden Partner“ entschieden. Dafür reichten dem KLUST schiere Geldnot – „denn durch die Einnahmen aus dem Merchandising können wir teilweise unsere Vereinsarbeit und die Vorbereitungen des CSD im nächsten Jahr finanzieren“ – und die marktstrategisch durchsichtige Erklärung von „Lonsdale“, sich „ganz deutlich von dem gefährlichen Gedankengut ihrer rechtsradikalen Käufergruppe“ zu distanzieren. Nachdem die T-Shirt-Company also mit den Geldscheinen gewedelt hatte, gelangte der KLUST sogleich zur Erkenntnis, daß die „teilweise öffentlich so wahrgenommenen Kombination aus ‚Lonsdale’ und Rechtsradikalismus“ nichts als eine „Mogelpackung“ sei. Und damit doch eigentlich ganz „im Sinne unserer diesjährigen Mottokampagne“.

Na bravo! Dank KLUST macht „Lonsdale“ nicht nur bei Nazi-Skins Kasse, sondern sahnt – woran erkennt man einen Schwulen? – mit pinkfarbenen T-Shirts bei den von rechten Schlägern zusammengedroschenen Homos gleich nochmal ab. Die perfide Marktstrategie wird dem Publikum als ehrenwerter Akt der Toleranz verkauft: „Lonsdale likes every colour.“ Mal Braun, mal Rosa: je nach Saison eben. Daß der KLUST szeneinternen Kritikern vorab eine „unbewußte (!) Abwehrhaltung“ gegen die Modemarke andichtet, verleiht dem CSD in der rechten Szene gewiß eine ebensolche „ungeheuere Strahlkraft“ (KLUST), wie die Parteienbefragung im offiziellen CSD-Programmheft. Die „kleine ‚Hilfestellung’ für Eure Wahlentscheidung am 26. September bei der Kommunalwahl“ am Rhein listet nämlich auch das rechte Wahlbündnis „Pro Köln“ auf. Dasselbe Bündnis hatte vor zwei Jahren versucht, die Homo-Parade mit einer Gegendemonstration zum „Sittenverfall“ zu verhindern. Anno 2004 darf nun „Pro Köln“ den Homos gleich im CSD-Guide mitteilen, die Partei könne sich den ermordeten Moslemhasser „Pim Fortuyn, wenn er noch leben würde“ durchaus „als Spitzenkandidat vorstellen“. Hauptsache der Führer ist schwul – und der KLUST bleibt „politisch“.

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