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Ladykracher in Köln

Wenn es irgend etwas gibt, auf das man beim Lesben- und Schwulenverband LSVD allergisch reagiert, so sind das recherchierende Presseleute mit reichlich Hintergrundwissen, die nicht willig und naiv offiziöse LSVD-Verlautbarungen übernehmen, sondern persönlich vor Ort sind: „Hier im Saal soll sich ein Vertreter der Zeitschrift Gigi befinden. Ich beantrage, daß der Vorstand von seinem Hausrecht Gebrauch macht und ihn wegen seiner tendenziellen Berichterstattung ausschließt.“ So lautet am 20. März im Bürger- und Jugendzentrum Köln-Deutz der erste von am Ende drei Geschäftsordnungsanträgen, wie sie seit Jahren auf jedem Verbandstag gestellt werden. Denn im Saal sitzt zum inzwischen zehnten Mal seit 1993 und auch diesmal als einziger akkreditierter Journalist Eike Stedefeldt

Alles fängt ganz nett an: Bürgermeister Wolf (FDP) überbringt die Wünsche von OB Schramma (CDU), der sich freut, „daß der LSVD seinen Sitz in Köln hat“ (§ 1 der Satzung: „Sitz des Vereins ist Berlin“); schriftlich grüßen NRW-Ministerpräsident Steinbrück (SPD), NRW-Gesundheitsministerin Fischer (Grüne) und Verdi-Chef Bsirske (Grüne). Von den zwei Grußschreiben aus der Szene fällt das der Schwusos nicht unter den Regietisch.

Zur „aktuellen politischen Lage“ konstatiert LSVD-Vorstand Axel Hochrein (CDU) betreffend ein zivil- und ein arbeitsrechtliches Antidiskriminierungs- sowie ein neues Lebenspartnerschafts-Ergänzungsgesetz: „Wir sind seit dem letzten Verbandstag nicht vorangekommen.“ Als hätte ihm jemand das Wort erteilt, gibt Volker Beck (Grüne) „Hintergrundinformationen aus Berliner Sicht“ und bekennt, es gebe da „ein Problem des LSVD in der Lesbian and Gay Community“. Dort sei es „bei diesen Themen sehr still“. Oops, haben die Leute etwa grundsätzlichere Sorgen? Wen interessiert das. „Wir sind nicht das Experimentierlabor für neue gesellschaftliche Modelle.“ Huch!

Für Manfred Bruns sind die Sozen schuld: „Die sind ja von Hause aus sehr kleinbürgerlich.“ Was mag dann der LSVD sein? Bruns ist immer gut für die Show, diesmal basierend auf unerfüllten geldwerten Gleichstellungszielen – „Däubler-Gmelin, das war ja ‘ne Schreckschraube. Die Zypries, die ist da anders, aber ich weiß nicht, was die will. Die Industrie ist dagegen, die Banken und Versicherungen und die Kirchen sind dagegen, und die will der Schröder nicht verschrecken.“ – sowie das Beamtenrecht: „Wir hatten früher den Kanther, und der war besser als der Schily.“ Vielleicht, weil Schily hetero ist? Nein. „Der kommt ja aus der anthroposophischen Richtung und da hat er wohl was gegen Lesben und Schwule.“
Eben erst hat Hochrein eine Resolution begründet, worin der LSVD droht, dafür Sorge zu tragen, „daß die CSD-Paraden, zu denen Hunderttausende von Schwulen und Lesben auf die Straße gehen, dieses Jahr zu Massen-Protesten gegen die Untätigkeit der Bundesregierung werden“. Bruns trocken: „Wir kriegen keine Massen-Proteste zustande.“

Das ist nur ein kurzer Ausschnitt. Den Volltext finden Sie in der Printausgabe.