Mord
im Grunewald?
Berlin ist pleite. Und das ist auch gut so? Ein schwerer Fall von Gay Marketing
ließ die Community völlig kaltAußerhalb
der deutschen Hauptstadt hätten sie längst den EdeKa-Stempel
(Ende der Karriere) in ihrer Personalakte. In Berlin dagegen bekommen
inkompetente Wirtschaftsbosse und korrupte Politiker immer nochmal eine Chance.
Ein am 18. März 2003 erschienener Krimi zur systematisch
betriebenen Ausbeutung einer Metropole handelt von einer ehrenwerten Gesellschaft,
in der illustre Parade-Homos wie Klaus Wowereit (SPD) und Peter
Kurth (CDU) schillernde Rollen spielen. Unbedingt kaufen und lesen, empfiehlt
Ortwin Passon
"Ich
schwöre, mein Amt gerecht und unparteiisch, getreu der Verfassung und
den Gesetzen zu führen und meine ganze Kraft dem Wohle des Volkes zu
widmen. So lautet die Eidesformel nach dem Berliner Senatorengesetz,
die den Kabinettsmitgliedern des Regierenden Bürgermeisters unabhängig
von ihrer sexuellen Präferenz abverlangt wird, bevor sie ihre
Geschäfte verrichten dürfen. Wie phantasievoll sie diesen Schwur
durch Privatisierung von Gewinnen und Sozialisierung von Verlusten umsetzen,
beweisen Parlamentarier traditionell als Vorstände und Aufsichtsräte
in überwiegend landeseigenen Kreditinstituten und dort insbesondere bei
der Umverteilung öffentlicher Gelder mittels raffinierter Immobiliengeschäfte.
Inzwischen ist das Land Berlin finanziell ausgeplündert.
Prolog
Am 30.
Januar 1997 gegen elf Uhr begann die eigentliche Aufdeckung des Berliner Bankenskandals,
als bei Achim Walther in Hannover das Telefon klingelte: Ulf-Wilhelm Decken,
seit einem halben Jahr Vorstandssprecher der Landesbank Berlin und Mitglied
im Aufsichtsrat der IBG, rief ihn an, weil er sich Sorgen um die geschlossenen
Immobilienfonds der Landsbanktochter IBG machte und Walther bitten wollte,
die Risiken dieser Fonds zu prüfen.
Beide kannten sich seit Beginn der 90er Jahre, als Walther noch Finanzdirektor
des Touristikunternehmens TUI und Decken leitender Angestellter der Dresdner
Bank war. Der zwielichtige Decken blieb eines der wenigen Beispiele im größten
Wirtschaftskrimi der Bundesrepublik, bei denen sich ein Bankenvorstand wie
ein verantwortungsvoller Banker verhielt. Obwohl jedes Aufsichtsratsmitglied
das Recht und die Pflicht hat, bei erkennbaren Risiken eine Sonderprüfung
durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer zu verlangen, blieb er
der Einzige, der diesen Schritt tat. Ein solcher wäre auch die Aufgabe
der damaligen Berliner Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) gewesen,
die seit 1996 im Aufsichtsrat der Landesbank und der Bankgesellschaft saß,
sich aber genauso wie ihr Aufsichtsratskollege Dietmar Staffelt (SPD), heute
Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, anscheinend lieber aufs
Kassieren von Sitzungsgeldern als attraktivem Nebenverdienst konzentrierte.
Falscher Text zur rechten Zeit
Vier Tage später kommt es zum ersten Treffen mit IBG-Geschäftsführer Manfred Schoeps und auch nur, weil dieser von Decken dazu genötigt worden war , der den Hannoveraner sogleich an die zuständige Rechtsanwaltskanzlei Köning & Dr. Lauritzen in Nürnberg verwies, wo sich auch die LBB Immobilien Beteiligungs- und Vertriebsgesellschaft als Fondverwalterin befand und wo sich Walther die für seine Arbeit benötigten Informationen und Auskünfte besorgen solle.3 Vernichtend attestierte er im Juli 1997 nach Auswertung sämtlicher Fondprospekte: Die IBG ist durch Mietgarantien über 25 Jahre und die angebotenen Andienungsrechte so hohe wirtschaftliche Risiken eingegangen, die sie aus heutiger Sicht vielleicht nicht aus eigener Kraft bewältigen kann. Unrealistisch sei die von Schoeps und der mit der IBG-Prüfung beauftragten BDO Deutsche Warentreuhand Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragte Kalkulation gewesen, daß von einer Inflationsrate von zwei bis drei Prozent, Vollvermietung, einer Mietsteigerung von bis zu drei Prozent jährlich und einer Verzinsung der angelegten Gelder von sieben Prozent auszugehen gewesen sei. Treffer und versenkt, denn die Wirklichkeit sah völlig anders aus. Daraufhin hätte die BDO die IBG-Jahresbilanzen korrigieren und die von Walther festgestellten Moniten einfließen lassen müssen, womit der IBG-Aufsichtsrat, die Bankgesellschaft und die Teilbanken vor einem Scherbenhaufen gestanden hätten: Die Öffentlichkeit hätte von der Inkompetenz ihrer Hauptdarsteller erfahren, das Verschieben von Immobilienrisiken wäre gestoppt worden, der Traum vom großen Geschäft und zahlreichen lukrativen Manager- und Aufsichtsratsposten wie eine Seifenblase zerplatzt. Schoeps & Co handelten prompt und teilten Walther am 7. Oktober brieflich mit, daß es Ihrerseits zu Fehleinschätzungen bezüglich der im Prüfauftrag gestellten Thematik gekommen ist. Walther, der seinen Job los war, durchschaute den raffinierten Schachzug: Es lag kein offiziell abgenommener Bericht vor. Die Verantwortlichen konnten so tun, als habe es die Sonderprüfung nie gegeben. Während sein Bericht in irgendeinem Giftschrank verschwindet, eskalieren die Risiken ungestört weiter. Unter Androhung rechtlicher Konsequenzen erhält Walther im August 2002 durch die BDO-Rechtsanwälte CMS Hasche Sigle die Aufforderung, die Behauptung zu unterlassen, die BDO habe 1997 und danach vorsätzlich falsche Testate erteilt. Da er Vorsatz nie behauptet hatte, unterzeichnet er aber die Unterlassungserklärung nicht. Doch die Drohung läßt erahnen, was der Walther-Bericht hinter den Kulissen auslöst.
Tatbeteiligung des Bankers Peter Kurth (CDU)
Parallel
überrascht die Wirtschaftsredakteurin Antje Sirleschtow im Tagesspiegel
vom 6. Juni 2001 das staunende Publikum mit ihrer Meldung Prüfbericht
der Messe Berlin ist schöngefärbt. Obwohl die Parallelen zur
Bankgesellschaft unheimlich sind, bleibt ihre Meldung im Schatten der Haupthandlung
fast unbemerkt: Einige Aufsichtsratsmitglieder8 wie Joachim Theye der zu 99
Prozent dem Land Berlin gehörenden Messe Berlin AG waren Ende März
2001 überraschend zurückgetreten. Bei einer eingehenden Prüfung
des Jahresabschlusses 1999 hatten sie festgestellt, daß der Bericht
der BDO schönfärberisch und unkritisch ist, so Sirleschtow.
In einer ihr vorgelegten Kopie eines Aufsichtsratsprotokolls wurde ein Interessenskonflikt
konstatiert, da die BDO neben dem Prüfungsmandat weitere Beratungs-
und Gutachteraufträge für die Messegesellschaft durchgeführt
hat, infolgedessen die BDO-Prüfer weder über die langjährigen
Verluste der Messe, die prekäre Eigenkapitalsituation
oder die mangelhafte Preispolitik berichteten. Nicht einmal
Unregelmäßigkeiten und Betrugsversuche, wodurch
die Messe 1999 rund eine halbe Million Mark zu Lasten der Steuerzahler verlor,
fanden durch die BDO Erwähnung, woraufhin der Aufsichstrat eine andere
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bestellen wollte. Der damalige Finanzsenator
Peter Kurth (CDU), der ebenfalls im Messe-Aufsichtsrat saß, weigerte
sich jedoch, der BDO den Auftrag zu entziehen. Kurthi, wie
er in der Homoszene respektvoll genannt wird, der sein Handwerk bei der Deutschen
Bank lernte, hatte sich zuvor bereits als Finanzstaatssekretär unter
SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing eingearbeitet. Theye
bat Berlins Regierungschef Eberhard Ebi Diepgen, der wie Kurthi
ebenfalls CDU-Mitglied ist, um persönliche Intervention erfolglos.
Gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern behauptete Kurthi,
der Landesrechnungshof verweigere die Aufhebung des über acht Jahre laufenden
BDO-Vertrages. Auf Nachfrage beim Landesrechnungshof erfuhr Sirleschtow allerdings,
daß Kurth es unterlassen hatte, den Finanzkontrolleuren stichhaltige
Gründe mitzuteilen, die zu einer vorzeitigen Auftragskündigung
geführt hätten.
Das ist
nur eine der Kellerleichen des nicht offen heterosexuellen Finanzsenators.
Anfang Februar 2001 platzt die Bombe, als der Spiegel den Zusammenhang
zwischen illegaler Parteienfinanzierung und Korruption im Berliner Immobiliensumpf
publiziert. In einem Vermerk unter der Überschrift Finanzdisposition
für das Wahljahr 1995 hatte zuvor Aubis-Chef Klaus Wienhold Geschichte
gestaltet: Die schleppende Kreditbearbeitung habe ich bei der Berlin
Hyp vorgetragen, man hat mir eine zügigere Bearbeitung zugesagt.
Unter Wichtige Dispositionsnotwendigkeiten folgt der Hinweis,
wie die Beschleunigung bei der Umverteilung öffentlicher Gelder in private
Taschen aussehen soll: Die zugesagte CDU-Spende für K.L. 40 TDM
ist sicherzustellen, sie sollte unbedingt noch in diesem Jahr erfolgen.
Mit K.L. war der Pate Lando gemeint der Berliner
CDU-Boss Klaus Landowsky, zugleich Chef der landeseigenen Berlin Hyp, von
der die Aubis-Gruppe 700 Millionen DM als Kredit erhielt. Wienhold fand sich
in Landos Berlin-Hyp-Büro ein, um das Schmiergeld zur politischen
Landschaftspflege (Altkanzler Helmut Kohl) persönlich zu überreichen.
Nicht nur diese 700.000.000 muß die Bank und damit das Land nun zum
Großteil abschreiben. Berlins Sumpfhühner geben sich entrüstet,
Don Lando wird aus allen Ämtern gejagt, die Große Koalition
platzt, Ebi wird zur persona non grata, der promovierte Teppichhändler
Frank Steffel aus Berlin-Reinickendorf beerbt ihn als CDU-Spitzenkandidat,
ein rot-grüner Übergangssenat und anschließende Neuwahlen
spülen einen neuen Strippenzieher namens Klaus Wowereit (SPD) aus Berlin-Tempelhof
als vermeintlichen Saubermann ins Amt des Regierenden Bürgermeisters.
Strafvereitelung
des Volljuristen Klaus Wowereit (SPD)
Mit der
zweifelhaften Behauptung, er sei schwul und das sei auch gut
so, setzt sich der Volljurist am 10. Juni 2001 auf dem Landesparteitag
der Berliner SPD bundesweit in Szene. Achim Walther, der erwähnte Wirtschaftsprüfer
aus Hannover, schreibt erneut, diesmal an Wowi, wie die Hauptstadthomos
den hintenrum verkehrenden Landesvater in ihren subkulturellen Einrichtungen
liebevoll nennen. Statt an die zuständige, dem Justizsenator Wolfgang
Wieland (Bündnisgrüne) unterstehende Staatsanwaltschaft gibt Wowi
den Schrieb lieber an die damalige SPD-Finanzsenatorin Christiane Krajewski,
damit diese Walthers Hinweise strafrechtlich prüfe. Nach dieser strafvereitelnden
Umleitung ist Walthers Post im Nirwana der Finanzverwaltung verschollen
und auch Wowi hat seine Kellerleiche: Unter
Sozialdemokraten und Bündnisgrünen läuft alles weiter wie gehabt,
der Senat läßt die mit ihm verflochtenen Banken weiter verfallen,
die Verluste erreichen Milliardenniveau. Statt die Verantwortlichen zur Kasse
zu bitten, entfaltet die rot-grüne Polithalbwelt Placebo-Aktivitäten
und beschließt eine neuerliche Kapitalerhöhung aus öffentlichen
Mitteln, die von den längst zahlungsunfähigen Kreditinstituten noch
im gleichen Jahr verfrühstückt wird.
Mit dem
Abgang der Grünen im Anschluß an die vorgezogene Neuwahl zum Berliner
Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2001 steigt am 17. Januar 2002 die machthungrige
PDS ins Koalitionsbett der SPD. Was Wowi zuvor mit den Grünen
trieb, setzt er seither mit den Sozialisten fort: Statt die landeseigenen
Bankgeschäfte als Faß ohne Boden zu erkennen und durch einen sauberen
Konkurs zu beenden, mit Fondszeichnern als Gläubigern über einen
Interessens- und Forderungsausgleich zu verhandeln und die Versorgungsansprüche
der ungetreuen Managementblase zu kappen, betreiben Spitzenpolitiker aller
Parteien das Weiterlaufen ihrer Geldwaschanlage. Mehrheitlich beschließt
das Berliner Parlament 2002 eine erneute deftige Umverteilung öffentlicher
Mittel in private Taschen durch die gesetzlich geregelte, von Rot-Grün
ausgeheckte und von Rot-Rot umgesetzte Risikoabschirmung in Höhe
von weiteren 21,6 Milliarden Euro.
Epilog
Aber was
ist ein Krimi ohne Mord? Auch damit wird die homophile Leserschaft im Berliner
Sumpf bedient: Laut Kontraste-Recherche erhielten am 19. September
2001 die Manager von Aubis, Klaus-Hermann Wienhold und Christian Neuling,
Einblick in ihre Ermittlungsakten, in denen sich auch Hinweise
aus der Bank auf einen ehemaligen Aubis-Mitarbeiter befanden, der
wichtige Beweise zu angeblichen Betrügereien von Aubis gegen Geld an
die Bankgesellschaft zum Verkauf angeboten hatte. Die Staatsanwaltschaft
hatte den aussagewilligen jungen Mann noch nicht vernommen. Zehn Tage nach
dieser Akteneinsicht wurde der Ex-Mitarbeiter im Grunewald unter dubiosen
Umständen aufgehängt gefunden. Das TV-Magazin Kontraste kam
zu dem Schluß, daß der plötzlich Verstorbene tatsächlich
schwer belastende Unterlagen hatte und der angebliche Selbstmord
seitens der Berliner Staatsanwaltschaft nie ordentlich aufgeklärt wurde.
Auffallend auch, daß die unproblematische Herausnahme der Unterlagen
zum früheren Aubis-Mitarbeiter vor der Akteneinsicht durch die Staatsanwaltschaft
unterlassen wurde.
Übrigens: Die im aktuellen Verfassungsschutzbericht für Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) als linksextremistisch gelobte, kürzlich mit dem Erich-Mühsam-Preis geehrte Tageszeitung junge Welt teilte am 23. Mai 2003 mit, die Rosa-Luxemburg-Stiftung werde ihre mit 3.000 Euro dotierte Auszeichnung Gemeinwohl in Zeiten der Globalisierung am 15. Juni weder an Kurthi noch Wowi, sondern die Initiative Berliner Bankenskandal16 vergeben. Der Sprecher der Initiative, Politologieprofessor Peter Grottian von der Freien Universität Berlin, nannte diese Entscheidung ein indirektes Lob für die Kritik an der staatstragenden Rolle der PDS.
Die zum Text gehörenden 16 Fußnoten finden Sie nur in der Printausgabe