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Die Linke und ihr Laster

Für Außenstehende ist der Streit kaum nachzuvollziehen: Während die „Bundesarbeitsgmeinschaft Queer in der PDS“ (BAG Queer) ihre linke Abspaltung, die BAG Sexualpolitik (BAGS), als heimliche „Pädosexuellen-Lobby“ denunziert, kontert diese mit dem Hinweis, bei der BAG Queer hätten sich unbemerkt Rechtradikale eingeschlichen. Ein Eklat auf dem Potsdamer PDS-Parteitag Ende Oktober 2004 scheint nun darauf hinzudeuten, daß der Verdacht der BAGS womöglich nicht ganz abwegig ist. Hinweise fand Martin Lentzen

Potsdam, Ende Oktober 2004. Aus Hamburg ist Theresa Jakob, Sprecherin der „Bundesarbeitsgemeinschaft Queer der PDS“ (BAG Queer) zum PDS-Parteitag angereist. Man steht beieinander, plaudert, diskutiert. In kleiner Runde ist mal wieder die ungeliebte „Bundesarbeitsgemeinschaft Sexualpolitik in und bei der PDS“ (BAGS) Thema. Nach monatelangem Streit hatte sich die BAGS im Herbst 2003 als linke Abspaltung aus der BAG Queer ausgründet. Mehr als einmal schon waren Jakob und die BAG Queer über die „konkurrierende“ BAGS und deren Sprecher Gerald Lukas hergefallen, mehr als einmal hatten sie innerparteilich – und insbesondere beim Parteivorstand – das absurde Gerücht gestreut, die BAGS sei zur Propagierung sexuellen Mißbrauchs an Kindern gegründet worden. Zudem hatten Stimmen aus BAG Queer parteiintern angedeutet, der über jeden Verdacht erhabene, zudem schwerkranke Lukas könne sogar selbst in „Kinderfickerei“ verwickelt sein – die Forderung nach einem Ausschlußantrag gegen den in seit Jahren in der PDS Baden-Württemberg Engagierten kam auf.

Soviel ist klar: Mit dem Streit um die „Pädo-Frage“ versank die Sexualpolitik der PDS im Morast. Der politische Beobachter traut seinen Augen kaum: Hatte die Partei noch vor wenigen Jahren beispielsweise mit ihrem richtungsweisenden „Wahlverwandtschaften“-Konzept der Debatte um das wertkonservative Projekt Homo-Ehe mächtig von links Paroli geboten und sich zudem europaweit als Avantgarde einer modernen Lebensweisenpolitik empfohlen, haben es sich bei der BAG Queer – Nachfolgerin der einstigen lesben-und schwulenpolitischen Arbeitsgemeinschaft „Two in one“ – inzwischen dumpfes Volksempfinden und pseudoradikale Wissenschaftsesoterik gemütlich gemacht. Sich als einzige der parteipolitisch gebundenen Homogruppierungen Deutschlands auf die im politischen Kampf völlig unbrauchbare Queer Therorie berufend, kämpft die BAG seither unter der absonderlichen Parole „Schwullesbischer Sozialismus im Neoliberalismus!“ Mit diesem Rüstzeug schaffte sie es dann auch stets, fachpolitische Debatten – sofern sie sie überhaupt mitbekam – mit blanker Unkenntnis zu absolvieren.

Das geht mitunter nicht ohne Blessuren für die BAG Queer selbst ab. So mußte sie mitten in der heißen Phase des Europa-Wahlkampfs 2004 ihre offene Mailingliste pds_ag_queer@yahoogroups.de dichtmachen. Das Forum sei „schädlich für die Außenwirkung der BAG und der Partei“, weshalb es „nach Rücksprache und auf Bitten der Bundessprecherin“ Ralf Buchterkirchen abgeschaltet wurde. An den Diskussionen in der Liste habe sich „die Mehrheit der BAG-Mitglieder nicht mehr beteiligt, umso aktiver waren Menschen, die nicht so sehr an den Grundsätzen und Zielen der BAG beteiligt waren“, hieß es. Ein offenkundiger Versuch der Verschleierung. Waren es doch gerade Partei- und BAG-Mitglieder, die in der Homo-Liste ungeniert die Hosen runterließen.

Denn alles, was nicht für die BAG Queer ist, gehört zum Verschwörernetzwerk der internationalen Pädophilen-Mafia. Der auch im PDS-Parteirat vertretene BAG-Aktivist Heinz-Jürgen Voß etwa bekundete, er strebe „kein friedliches Nebeneinander mit Pädogruppen“ an, zu der seiner Meinung nach „das whk, die K13 (Krumme 13 – Gigi) oder auch Teile des Regenbogenvereins der Motzstraße“ in Berlin gehören. Anders als die Pädo-Selbsthilfegruppe K 13 haben der Regenbogenverein und das whk (beides erklärtermaßen keine Pädogruppen) zu diesem heiklen Thema aber aus gutem Grund keinerlei Positionen erarbeitet und verfügen im Zweifel nicht einmal über einen Vorzeigepädo in der Mitgliedskartei. Voß stört das wenig. Die vom whk edierte Gigi nennt er wider besseres Wissen eine „Verhökerplattform für Kinder und Jugendliche“. (vgl. Gigi Nr. 32, S. 36)

Die nach eigenem Bekunden „laut kreischende PDS-Lesbe“ Theresa Jakob outete sich derweil als stramm rechte Feministin mit Blockwartmentalität. Diskussionsteilnehmern, die nicht ihrer Meinung waren drohte sie den Mob auf den Hals, „damit sie Euch endlich zu fassen kriegen ... Es wird Euch niemand, vermissen, wenn Ihr Euren Schmutz auf anderen Mailinglisten verbreitet und nicht mehr hier.“ Schmutz verbreitet hatte dort wahrlich niemand, nur diskutieren wollen. Aber es sollte bis zum Oktober-Parteitag dauern, bis Jakob eher beiläufig zu einer nur von rechtsradikalen Gruppen favorisierten Idee zur Beseitigung unerwünschter politischer Gegner fand.

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