Start

Boris und das Espenlaub

Così fan tutte, so machen’s alle, meint bei Mozart die Frauen. Eine Versuchsanordnung am lebenden Objekt, bewiesen wird, was zu beweisen war.

Und die Männer? Natürlich: Così fan tutti. Erst recht, wenn’s schwule Männer sind. In großen Porträts hängen sie an der Wand (und sind im Programm-Leporello zu bewundern). Bildertausch gleich Männertausch.

Doch wie kommt eine gelangweilte Männerrunde am abgegessenen runden Partytisch zu Mozart: Etwas holterdipolter, über Boris und Vicky, über Diät und Fettabsaugen. – Macht nichts, Mozart und Zeitgeist in hundert Minuten geht nur im Hauruck-Verfahren und mit Gags, die Klischees bedienen, aber auch schon mal die Schmerzgrenze überschreiten. Man achte nur auf die roten Schuhe.

Es sind ausgebildete Sänger, die in dem von Robert Lehmeier und Jens-Karsten Stoll umgemodelten Mozart (vor zwei Jahren an der Neuköllner Oper in Berlin entstanden) jetzt im Hamburger Schauspielhaus auf der Bühne stehen, unterstützt von acht Händen an zwei Klavieren (musikalische Bearbeitung: Winfried Radeke). Neue Texte (von Peter Lund) müssen sie rüberbringen, in der Art von: „Männer sind alle vom selben Kaliber./Jedes Blatt Espenlaub, weht es vorüber/Hat noch mehr Rückgrat und Mumm als ein Mann.“ Und langsam finden sie Spaß an ihren Rollen, vom Publikum dankbar begleitet.

Der eigentliche Gag: das doppelte Finale mit wechselnden Konstellationen. Da wird dann die Frage nach dem „tutte“ oder „tutti“ bedeutungslos. Und wer will, kann in dem Ganzen einen ironischen Kommentar zur Homoehe erkennen. Irgendwann trinken alle ein Bier, ein Beck’s natürlich – Schleichwerbung oder politische Arabeske?

Den Kommentar zum Abend gab es schon am Tag zuvor von den Schwulen Juristen: 12.500 Lebenspartnerschaften in Deutschland (Ende 2004) mit – so rechnete man akribisch aus – 25.000 Männern und Frauen! Papa Bruns vom LSVD: „Lesben und Schwule (wollen) für einander Verantwortung übernehmen.“ Wieviele von den 926 Hamburger Paaren klatschten wohl mit? Der Beifall war jedenfalls „nicht endenwollend“, nur die „Brava“-Rufe fehlten.

Wolfram Setz